Ausgabe 1 - Juni 2007
Editorial
PARADIGMENWECHSEL BEI HEPATITIS B
Die neuen Leitlinien zur Therapie der chronischen Hepatitis B stellen einen Paradigmenwechsel dar. Früher
stand die entzündliche Aktivität im Vordergrund, heute sind es virologische Aspekte. Die HBV-DNA
sollte regelmäßig kontrolliert werden. Sie ist ein wichtiger Parameter für die Indikation
zur Behandlung und zur Therapiekontrolle.
KONGRESS
42nd EASL:
Neue Therapieoptionen
Die Tagung der European Association for the Study of the Liver, kurz EASL genannt, erfreut sich stetiger Beliebtheit. Auch in diesem Jahr waren wieder über 5.000 Teilnehmer angereist, um 128 Vorträge zu hören sowie 666 Poster zu sehen. Im Mittelpunkt standen bei der Hepatitis C die neuen Substanzen und die Resistenz. Bei Hepatitis B gab es Updates zu den bekannten großen Studien. Die Fragen nach der optimalen Kombination und Sequenzierung der antiviralen Medikamente wurden bei beiden Arten der viralen Hepatitis intensiv diskutiert.
18th Harm Reduction Conference:
Schadensminderung
Herausragende Themen der Harm Reduction Conference waren der Anstieg des Heroinkonsums in Osteuropa und Zentralasien sowie in der islamischen Welt, die Prävention von HIV und HCV, die Implementierung von schadensmindernden Projekten im Osten, die medizinische Versorgung in Gefängnissen und der Kampf um Menschenrechte für Drogenkonsumenten.
LEITLINIEN
Leitlinien zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis B Virusinfektion Zusammenfassung
Seit der Verabschiedung der letzten Leitlinie und deren Publikation im Jahre 2004 wurden wesentliche Fortschritte in der antiviralen Therapie der Hepatitis B erzielt, die ein Upgrade der Leitlinien erforderlich machten. Das Upgrade der Leitlinie berücksichtigt zudem die neuen Erkenntnisse zum HBV Genotyp, zur Viruskinetik unter Therapie und zur Bedeutung der Viruslast für den natürlichen Verlauf der Erkrankung. Eine Viruslast von 104 Kopien/ml bzw. 2.000 IU/ml stellt einen entscheidenden und unabhängigen Risikofaktor für die Entstehung der Leberzirrhose und des hepatozellulären Karzinoms dar.
FORTBILDUNG
Dr. Rolf Kaiser:
HBV-Resistenztest
In den neuen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der chronischen Hepatitis B spielen virologische Aspekte eine wichtige Rolle. Für Auswahl und Monitoring einer Therapie sind die Bestimmung der HBV-Viruslast, des HBV-Genotyps und die Analyse von Resistenzen gegenüber den verschiedenen Polymerase-Inhibitoren sinnvoll. Dazu stehen molekularbiologische Analysen sowie frei verfügbare Interpretationssysteme für die Vorhersage von HBV-Genotyp, Vaccine-Escape-Mutanten und Resistenzen gegenüber Nukleos(t)id Analoga zur Verfügung.
PD Dr. Jörg Petersen:
Hepatitis B-Heilung: Immunologische Kontrolle oder Eradikation?
Eine Schlüsselrolle bei den Überlegungen zur Elimination des Hepatitis B Virus spielt der hepatozelluläre Zelltod. Die Elimination HBV-infizierter Hepatozyten erscheint notwendig nicht allein um die Anzahl der infizierten Leberzellen zu reduzieren, sondern auch um die Proliferation benachbarter Hepatozyten zu fördern, die dann durch Zellteilung ihre cccDNA verlieren bzw. vermindern können.
Holger H. Lutz, Prof. Dr. Christian Trautwein:
Die Hepatitis B- und C-Koinfektion: Eine therapeutische
Herausforderung
Aufgrund gemeinsamer Infektionswege stellt die Hepatitis B- und C-Koinfektion besonders in Endemiegebieten ein häufiges Problem mit speziellen therapeutischen Herausforderungen dar. Eindeutige Empfehlungen diesbezüglich sind bisher - auch aufgrund mangelnder Studien - nicht vorhanden. Bei erhöhter Morbidität und Mortalität durch synergistische pathogene Effekte der Virushepatitiden B und C ist eine rasche und erfolgreiche Therapie dieser Patientengruppe von großer Bedeutung. In aller Regel "dominiert" die Hepatitis C-Infektion und führt zu einer Suppression der HBV-Replikation; entsprechend sollte ein Therapieregime mit primärem Blick auf die chronische Hepatitis C gewählt werden.
PD Dr. Ewert Schulte-Frohlinde:
Chronische Hepatitis C. Antivirale Therapie bei älteren
Patienten
Grundsätzlich ist eine erfolgreiche antivirale Therapie bei älteren Patienten mit chronischer Hepatitis C sinnvoll und möglich. Ein höheres Lebensalter hat einen ungünstigen Einfluss auf den Verlauf der Lebererkrankung und eine erfolgreiche Therapie verbessert die Prognose. Die Response-Raten sind neueren Untersuchungen zufolge mit denen bei jungen Patienten vergleichbar, wenn auch Nebenwirkungen häufiger zu sein scheinen.
AKTUELL
Neue Möglichkeiten und Chancen: Raucherentwöhnung
Medikamente können die Chancen auf eine erfolgreiche Nikotin-Entwöhnung erhöhen. Zur Verfügung stehen Nikotinpflaster, Bupropion und neuerdings auch Vareniclin. Der Cannabinoid-Rezeptorantagonist Rimonaband, der in Studien ebenfalls einen günstigen Effekt gezeigt hat, ist allerdings nicht zur Raucherentwöhnung zugelassen. Medikamentöse Unterstützung beim Rauchstopp benötigen vor allem starke Raucher, da sie besonders unter Entzugssymptomen leiden. Empfehlenswert ist stets die Kombination mit einem verhaltenstherapeutischen Programm.
MITTEILUNGEN
Kompetenznetz Hepatitis
Hepatitis B Impfung: Unzureichender Schutz vor Infektion mit
seltenen Genotypen
Gemäß der WHO-Empfehlung werden Kinder, Jugendliche und Personen mit Risikokontakten in Deutschland gegen das Hepatitis B Virus (HBV) geimpft. Wir berichten über einen immunkompetenten erwachsenen Patienten, der trotz Impfung eine akute HBV-Infektion erworben hat. Möglicherweise vermitteln die aktuell verfügbaren Impfstoffe keinen vollständigen Schutz vor Infektionen mit seltenen HBV-Genotypen.
Hepatologischer Workshop des Bng
Hepatitis C Optimierte Behandlung eröffnet neue Chancen
Wie werden Patienten mit Hepatitis C jetzt und in Zukunft optimal behandelt? Dies war ein zentrales Thema auf dem hepatologischen Workshop des bng, der am 16./17. März in Iserlohn, der unter Leitung von Dr. Dietrich Hüppe, Dr. Stefan Mauss und Dr. K-G. Simon, niedergelassene Gastroenterologen in Herne, Düsseldorf und Leverkusen stattfand. Ein spannendes Thema, denn Patienten mit chronischer Hepatitis C werden künftig noch stärker von optimierten Therapiestrategien profitieren als dies die heutigen Leitlinien gestatten. Die Viruskinetik ist dabei der bedeutsamste Steuerungsparameter.
Neuer Koordinator der Fachgruppe Hepatologie in Bng: Dr. Stefan Mauss
Interview: Qualitätssicherung ist die Basis
Deutsche Leberhilfe e.V.
Warum die Hepatologie Gesonderte Leitlinien Braucht
Compliance bei Hepatitis
Die Therapie der Hepatitis B und C wird immer stärker individualisiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Genotyp und Viruskinetik. Es gibt jedoch noch einen weiteren wichtigen Faktor, der über Erfolg oder Misserfolg der Therapie entscheidet: Die Compliance, neuerdings auch "Adhärenz" genannt. Bevor Ärzte eine Hepatitis-Therapie einleiten, sollten sie sich daher fragen, welche Compliance-fördernden Maßnahmen sie anbieten können.