NAFLD – Einfluss der Histologie auf das langfristige Outcome
Hintergrund und Zielsetzung
Der natürliche Krankheitsverlauf der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) mit fortgeschrittener Fibrose ist bisher nicht hinreichend untersucht worden. Ziel der vorliegenden Studie war daher, den Einfluss der Leberhistologie und der Leberfunktion auf den Langzeitverlauf der NAFLD zu untersuchen.
Methodik
Es handelt sich um eine prospektive, multizentrische Kohortenstudie, in die 458 Patienten mit histologischer NAFLD und fortgeschrittener Fibrose (F3=159) oder Zirrhose (Child-Pugh (CP)-score 5: n=222, CP-score 6: n=77) zwischen 1995-2016 eingeschlossen wurden. Durch statistische Risikoanalysen wurden Inzidenzen und Risikofaktoren für klinische Endpunkte ermittelt. Die Analysen wurden u.a. an das initiale Fibrosestadium angepasst.
Ergebnisse
Während der mittleren Beobachtungszeit von 5,7 Jahren (2,7-8,2) verstarben 41 Patienten und es wurden 43 Lebertransplantationen durchgeführt. Es kam zu 90 erstmaligen hepatischen Dekompensationen, 42 HCCs, 13 kardiovaskulären Ereignissen und 20 nicht-hepatischen Tumoren. Das Transplant-freie Überleben lag bei 54 % (F3: 83 %; CP-score 5: 32 % und CP-score 6: 0 %). Unter den zirrhotischen Patienten kam es zu insgesamt 115 schweren klinischen Ereignissen, darunter waren zu 70 % hepatische Dekompensation und zu 20 % HCCs vertreten. Unter den F3-Patienten kam es zu 26 schweren klinischen Ereignissen, darunter überwiegten kardiovaskuläre (35%) und nicht-hepatische Tumore (38 %). Das Vorliegen einer Zirrhose erhöhte das Risiko für Tod/Lebertransplantation (HR 4,6-fach), hepatische Dekompensation (HR 4,7-fach) und HCC (HR 3,6-fach) gegenüber den F3-Patienten. Der NAFLD fibrosis score und der FIB-4 Index waren assoziiert mit dem Risiko für Tod/ Lebertransplantation (HR 1,6-fach bzw. 1,3-fach) und HCC (HR 1,4-fach bzw. 1,2-fach) sowohl bei F3-Patienten als auch bei zirrhotischen Patienten.
Fazit
Der klinische Verlauf ist bei Patienten mit etablierter Zirrhose geprägt von hepatischen Ereignissen wie Dekompensation und HCC, wohingegen bei den F3-Patienten die nicht-hepatischen Tumore und kardiovaskulären Ereignisse vorherrschen.
Prof. Dr. med.
Wolf-Peter Hofmann
Gastroenterologie am
Bayrischen Platz,
Innsbrucker Str. 58,
D-10825 Berlin
Kommentar Prof Dr. med. Wolf-Peter Hofmann
Die vorliegende Studie liefert einen sehr wichtigen Beitrag zum Verständnis der fortgeschrittenen NAFLD und richtetsich an Hepatologen, aber auch an die Vielzahl von Internis-ten und Allgemeinmediziner, die täglich die Aspekte des metabolischen Syndroms behandeln. Als wichtigstes Qualitätsmerkmal der Studie gilt die große und homogene Kohorte mit histologisch gesicherter und auch fortgeschrittener NAFLD. Die wichtigste Botschaft der Studie liegt aus meiner Sicht in der Erkenntnis, dass bei den zirrhotischen Patienten die Leber-eigenen Probleme vorherrschen, wohingegen bei den F3-Patienten die bekanntermaßen kardiovaskulären und nicht-hepatischen neoplastischen Ereignisse dominieren. Daraus resultierend ist für die klinische Praxis ein differenziertes Vorgehen im Hinblick auf Beratung des Patienten, Intervention und Surveillance abzuleiten. Für mein Vorgehen in der Praxis bin ich darin bekräftigt worden, dass eine möglichst exakte Charakterisierung der NAFLD Patienten im Hinblick auf Fibrose und Zirrhose notwendig ist. Gefreut hat mich, dass auch die einfachen Serumtests wie NAFLD fibrosis score und FIB-4 index dabei helfen können, das individuelle Risiko des Patienten abzuschätzen. Wünschenswert für die Zukunft wären noch bessere Serummarker, insbesondere dann, wenn eine Lebersteifigkeitsmessung oder ein bildgebendes Verfahren nicht verfügbar ist und eine histologische Abklärung nicht erwünscht ist.
PD Dr. med. Johannes Vermehren
Oberarzt der Medizinischen Klinik I,
Universitätsklinikum Frankfurt,
Theodor-Stern-Kai 7,
60590 Frankfurt am Main
Kommentar PD Dr. med. Johannes Vermehren
Die vorliegende Arbeit beeindruckt gleich in vielerlei Hinsicht. Zum einen ist da die große Zahl an Patienten mit histologisch gesicherter fortgeschrittener Fibrose oder Zirrhose zu nennen. Zum anderen gibt einem die Vielzahl an schwerwiegenden klinischen Ereignissen zu denken, die nicht nur Patienten mit Zirrhose ereilten. Dies sollte uns darin bestärken, unsere NASH-Patienten nicht nur mit den Augen des Hepatologen zu betrachten sondern eben auch die ganzheitliche Sicht des Internisten nicht zu kurz kommen zu lassen. Das Thema Prävention gewinnt hier zukünftig sicherlich außerordentlich an Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Studie ist aus meiner Sicht die hohe Anzahl an HCCs (11 %), die beobachtet wurde. Diese wurden zwar ganz überwiegend bei zirrhotischen Patienten gefunden, aber das eigentliche Problem stellt aus meiner Sicht hier die eingeschränkten Möglichkeiten einer adäquaten Krebsfrüherkennung dar. Hier gilt die halbjährliche Lebersonographie nach wie vor als Goldstandard. Aus unserer täglichen Praxis wissen wir aber wie schwierig dieses Unterfangen bei unseren NASH-Patienten häufig ist. Auch für die HCC-Früherkennung werden bessere Serummarker dringend gebraucht.