HCV-Resistenzen – gibt es einen unmet medical need?
Hintergrund und Zielsetzung
Die chronische Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion betrifft ca. 71 Millionen Menschen weltweit. Unbehandelt besteht das Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose und deren Folgen. Die überwiegende Mehrheit der HCV-Patienten kann heute mit einer 8-12-wöchigen DAA-Therapie erfolgreich behandelt werden (SVR). Jedoch zeigen sehr wenige Patienten, unabhängig vom HCV-Genotyp oder DAA-Regime, ein Therapieversagen. In der vorliegenden Studie wurden klinische und virologische Charakteristika sowie die Wertigkeit der Therapieoptionen bei multiplen vorbehandelten Patienten untersucht.
Methodik
Aus der Frankfurter HCV-Resistenz-Datenbank (Förderung DZIF) wurden Patienten ermittelt, die ein Therapieversagen auf zwei vorausgegangene DAA-Therapien gezeigt hatten. Die HCV-Gene NS3, NS5A und NS5B wurden zum Relapse-Zeitpunkt amplifiziert und sequenziert. Die Wertigkeit der Therapieoptionen wurde in 3 Kategorien eingeteilt (Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform; Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform aber Dosierungsabweichungen; nicht Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform).
Ergebnisse
Insgesamt wurden 38 HCV-Patienten aus der Resistenzdatenbank ermittelt, die zwei erfolglose DAA-Therapien erhalten hatten. Bei 71 %, bzw. 90 % der Patienten wurde nach der ersten, bzw. zweiten DAA-Therapie eine Resistenzanalyse durchgeführt. Patienten mit multiplem Therapieversagen waren häufig Männer (76 %) und hatten bereits eine Leberzirrhose (79 %). Bei 9/33 Patienten wurde die zweite DAA-Therapie Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform durchgeführt, bei den übrigen Patienten wurde die Therapie Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform aber mit Dosisabweichung oder nicht Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform durchgeführt.
Fazit
Ein multiples Therapieversagen tritt häufiger bei Männern und Patienten mit Zirrhose auf. Trotz hoher Wertigkeit der verfügbaren Therapieoption (Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform) erreichen einige wenige Patienten keine SVR.
Prof. Dr. med.
Wolf-Peter Hofmann
Gastroenterologie am
Bayrischen Platz,
Innsbrucker Str. 58,
D-10825 Berlin
Kommentar Prof Dr. med. Wolf-Peter Hofmann
HCV-Behandler mit hohem Patientenvolumen und spezialisierte Zentren sind regelmäßig mit dem seltenen Problem des Therapieversagens auf eine DAA-Therapie konfrontiert. Die Studie von Vermehren et al. widmet sich diesem seltenen Problem und zeichnet sich durch die konsistenteDatenqualität bei der Subgruppe von Patienten mit multip-lem DAA-Therapieversagen aus. Bisher waren die negativen prädiktiven Faktoren für ein multiples Therapieversagen nicht hinreichend untersucht. Anhand der Analysen aus der Frankfurter Resistenzdatenbank konnte nunmehr gezeigt werden, dass wenige Patientencharakteristika (männliches Geschlecht, Vorliegen einer Zirrhose), aber auch die Wertigkeit der Therapieoption (Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform) mit einem Therapieversagen assoziiert sein kann. Nachdenklich macht die Beobachtung, dass einzelne wenige Patienten, bei denen eine Re-Therapie mit optimaler Wertigkeit erfolgte, trotzdem nicht angesprochen haben. Die Verfügbarkeit neuerster Kombinationstherapien, die in der klinischen Entwicklung auch bei multiple vorbehandelten Patienten überzeugende SVR-Raten gezeigt haben, müssen sich jetzt im sogenannten real life setting bewähren. Die vorliegende Studie zeigt exemplarisch, auf welche Weise unabhängige Patientenregister und Datenbanken hier wissenschaftlich einen wertvollen Beitrag leisten können.
PD Dr. med. Johannes Vermehren
Oberarzt der Medizinischen Klinik I,
Universitätsklinikum Frankfurt,
Theodor-Stern-Kai 7,
60590 Frankfurt am Main
Kommentar PD Dr. med. Johannes Vermehren
Patienten mit virologischem Therapieversagen sind insgesamt erfreulicherweise sehr selten geworden. Mit der Kombination aus Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir ist für diese Patienten eine zugelassene Re-Therapie erst seit Juli 2017 auf dem Markt. Diese kann jedoch nur bei Patienten ohne Zirrhose und kompensierter Zirrhose (Child Pugh A) eingesetzt werden. Insofern wurden viele der zirrhotischen Patienten in den letzten Jahren mit bereits erhältlichen Therapiekombinationen behandelt, um einer drohenden Verschlechterung der Leberfunktion bzw. Dekompensationen zuvorzukommen bzw. diese idealerweise zu verhindern. Die vorliegende Studie zeigt, dass eine duale Re-Therapie nach DAA-Versagen selbst in Abwesenheit von Resistenzen häufig nicht ausreicht, dies gilt insbesondere auch für eine 12-wöchige Re-Therapie mit SOF/VEL und ist auch durch publizierte Studien belegt (Bourliere et al. NEJM 2017). Häufig ist die Kombination mit Ribavirin notwendig und/oder eine Therapieverlängerung auf 24 Wochen. In der Regel sind aber Triple-Kombinationstherapien wie etwa Grazoprevir/ Elbasvir plus SOF notwendig. In der vorliegenden Kohorte wurden insgesamt 14 Patienten ein drittes Mal therapiert. Einige wenige haben erneut versagt. Hier wird sich in den kommenden Monaten zeigen, ob durch die Kombination SOF/VEL/VOX auch bei diesen vielfach vortherapierten Patienten die Viruseradikation gelingt. An dieser Stelle sei noch einmal den vielen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gedankt, ohne deren Beitrag diese weltweit einmalige Kohorte nicht zustande gekommen wäre.