HCV-Resistenzen – gibt es einen unmet medical need?

Washington DC, 23. Okt. 2017

HCV – Einzelfälle ohne SVR?

Hintergrund und Zielsetzung

Die chronische Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion betrifft ca. 71 Millionen Menschen weltweit. Unbehandelt besteht das Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose und deren Folgen. Die überwiegende Mehrheit der HCV-Patienten kann heute mit einer 8-12-wöchigen DAA-Therapie erfolgreich behandelt werden (SVR). Jedoch zeigen sehr wenige Patienten, unabhängig vom HCV-Genotyp oder DAA-Regime, ein Therapieversagen. In der vorliegenden Studie wurden klinische und virologische Charakteristika sowie die Wertigkeit der Therapieoptionen bei multiplen vorbehandelten Patienten untersucht.

Methodik

Aus der Frankfurter HCV-Resistenz-Datenbank (Förderung DZIF) wurden Patienten ermittelt, die ein Therapieversagen auf zwei vorausgegangene DAA-Therapien gezeigt hatten. Die HCV-Gene NS3, NS5A und NS5B wurden zum Relapse-Zeitpunkt amplifiziert und sequenziert. Die Wertigkeit der Therapieoptionen wurde in 3 Kategorien eingeteilt (Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform; Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform aber Dosierungsabweichungen; nicht Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform).

Ergebnisse

Insgesamt wurden 38 HCV-Patienten aus der Resistenzdatenbank ermittelt, die zwei erfolglose DAA-Therapien erhalten hatten. Bei 71 %, bzw. 90 % der Patienten wurde nach der ersten, bzw. zweiten DAA-Therapie eine Resistenzanalyse durchgeführt. Patienten mit multiplem Therapieversagen waren häufig Männer (76 %) und hatten bereits eine Leberzirrhose (79 %). Bei 9/33 Patienten wurde die zweite DAA-Therapie Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform durchgeführt, bei den übrigen Patienten wurde die Therapie Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform aber mit Dosisabweichung oder nicht Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform durchgeführt.

Fazit

Ein multiples Therapieversagen tritt häufiger bei Männern und Patienten mit Zirrhose auf. Trotz hoher Wertigkeit der verfügbaren Therapieoption (Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform) erreichen einige wenige Patienten keine SVR.

Prof. Dr. med.  Wolf-Peter HofmannProf. Dr. med.
Wolf-Peter Hofmann
Gastroenterologie am
Bayrischen Platz,
Innsbrucker Str. 58,
D-10825 Berlin

Kommentar Prof Dr. med. Wolf-Peter Hofmann

HCV-Behandler mit hohem Patientenvolumen und spezialisierte Zentren sind regelmäßig mit dem seltenen Problem des Therapieversagens auf eine DAA-Therapie konfrontiert. Die Studie von Vermehren et al. widmet sich diesem seltenen Problem und zeichnet sich durch die konsistenteDatenqualität bei der Subgruppe von Patienten mit multip-lem DAA-Therapieversagen aus. Bisher waren die negativen prädiktiven Faktoren für ein multiples Therapieversagen nicht hinreichend untersucht. Anhand der Analysen aus der Frankfurter Resistenzdatenbank konnte nunmehr gezeigt werden, dass wenige Patientencharakteristika (männliches Geschlecht, Vorliegen einer Zirrhose), aber auch die Wertigkeit der Therapieoption (Leitlinien-und/oder Resistenzanalysenkonform) mit einem Therapieversagen assoziiert sein kann. Nachdenklich macht die Beobachtung, dass einzelne wenige Patienten, bei denen eine Re-Therapie mit optimaler Wertigkeit erfolgte, trotzdem nicht angesprochen haben. Die Verfügbarkeit neuerster Kombinationstherapien, die in der klinischen Entwicklung auch bei multiple vorbehandelten Patienten überzeugende SVR-Raten gezeigt haben, müssen sich jetzt im sogenannten real life setting bewähren. Die vorliegende Studie zeigt exemplarisch, auf welche Weise unabhängige Patientenregister und Datenbanken hier wissenschaftlich einen wertvollen Beitrag leisten können.

PD Dr. med. Johannes VermehrenPD Dr. med. Johannes Vermehren
Oberarzt der Medizinischen Klinik I,
Universitätsklinikum Frankfurt,
Theodor-Stern-Kai 7,
60590 Frankfurt am Main

Kommentar PD Dr. med. Johannes Vermehren

Patienten mit virologischem Therapieversagen sind insgesamt erfreulicherweise sehr selten geworden. Mit der Kombination aus Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir ist für diese Patienten eine zugelassene Re-Therapie erst seit Juli 2017 auf dem Markt. Diese kann jedoch nur bei Patienten ohne Zirrhose und kompensierter Zirrhose (Child Pugh A) eingesetzt werden. Insofern wurden viele der zirrhotischen Patienten in den letzten Jahren mit bereits erhältlichen Therapiekombinationen behandelt, um einer drohenden Verschlechterung der Leberfunktion bzw. Dekompensationen zuvorzukommen bzw. diese idealerweise zu verhindern. Die vorliegende Studie zeigt, dass eine duale Re-Therapie nach DAA-Versagen selbst in Abwesenheit von Resistenzen häufig nicht ausreicht, dies gilt insbesondere auch für eine 12-wöchige Re-Therapie mit SOF/VEL und ist auch durch publizierte Studien belegt (Bourliere et al. NEJM 2017). Häufig ist die Kombination mit Ribavirin notwendig und/oder eine Therapieverlängerung auf 24 Wochen. In der Regel sind aber Triple-Kombinationstherapien wie etwa Grazoprevir/ Elbasvir plus SOF notwendig. In der vorliegenden Kohorte wurden insgesamt 14 Patienten ein drittes Mal therapiert. Einige wenige haben erneut versagt. Hier wird sich in den kommenden Monaten zeigen, ob durch die Kombination SOF/VEL/VOX auch bei diesen vielfach vortherapierten Patienten die Viruseradikation gelingt. An dieser Stelle sei noch einmal den vielen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gedankt, ohne deren Beitrag diese weltweit einmalige Kohorte nicht zustande gekommen wäre.

Meldungen

  • Hepatologie-Stipendium

    24. Mai 2023: Deutsche Leberstiftung schreibt erneut ein Stipendium für klinische Hepatologie-Projekte aus. weiter

  • 19. HepNet Symposium

    11. Mai 2023: Vom 30.6.-1.7. 2023 veranstaltet die Deutsche Leberstiftung das 19. HepNet Symposium in Hannover. weiter

  • Reiseimpfungen

    18. April 2023: Empfehlungen von STIKO und DTG weiter

  • C. difficile

    18. April 2023: Resistenter Stamm RT027 seltener, aber mehr Resistenzen. weiter

  • Hepatitis B

    01. April 2023: STOP-NUC-Studie: Absetzen antiviraler Therapie möglich weiter

  • Hepatitis C

    13. März 2023: Extrahepatische Manifestationen im Blick behalten. weiter

  • NAFLD

    10. Februar 2023: Rolle der Hepatokine bei der Identifizierung von Subtypen weiter

  • Hepatitis E

    09. Februar 2023: EGFR – ein Türöffner für Hepatitis E-Viren weiter

  • Leberkrebs

    31. Januar 2023: Einsatz der Künstlichen Intelligenz zur Verbesserung der Diagnostik beim Leberkrebs. weiter

  • Deutsche Leberstiftung

    30. Januar 2023: Freistellungs-Stipendium für 2023 vergeben zur Projektförderung der Diagnosemöglichkeit für das Gallengangskarzinom. weiter

  • Hepatitis B

    13. Januar 2023: Schlüsselfaktor für erfolgreiche therapeutische Impfung weiter

  • Hepatitis C

    10. Januar 2023: Gute Vorsätze fürs neue Jahr: testen, testen, testen – und behandeln. weiter

  • Hepatitis D

    19. Dezember 2022: Lornafanib in Phase-3-Studie erfolgreich weiter

  • Malaria

    08. Dezember 2022: Hepatitis C-Medikament Alisporivir wirkt gegen Artemisinin-resistent Malaria. weiter

  • COVID-19

    08. Dezember 2022: Ursodeoxycholsäure kann COVID-19 verhindern weiter

  • HCV/HIV

    07. Dezember 2022: Test- und Beratungsbus Schleswig-Holstein weiter

  • Corona-Impfung

    17. November 2022: Vorsicht vor Verwechslung bei Spikevax® weiter

  • Deutscher Lebertag

    15. November 2022: Der 23. Deutsche Lebertag am 20. November steht unter dem Motto „total zentral: die Leber!“ weiter

  • HCV-Screening

    15. November 2022: Patient*innen finden, Versorgungslücken schließen weiter

  • Neuer Transportweg des Hepatitis-B-Virus identifiziert

    13. November 2022: Viel ist inzwischen über den Lebenszyklus des HBV bekannt. weiter

Ältere Meldungen weiter

Diese Webseite bietet Informationen rund um das Thema Lebererkrankungen. Der Schwerpunkt liegt auf den viralen Hepatitiden Hepatitis A, Hepatitis B, Hepatitis C, Hepatitis D und Hepatitis E, Fettleber und Leberkrebs. Es werden Krankheitsbild, Diagnostik und Therapie behandelt. Insbesondere bei der Behandlung der Hepatitis B und Hepatitis C hat sich viel geändert. Hier finden eine Übersicht zu den verfügbaren Medikamenten gegen Hepatitis B und C, Studiendaten, Fachinformation und aktuelle Preise. Die aktuellen Informationen aus Medizin und Industrie richten sich an Betroffene und Ärzte.