HCV Reinfektion nach Behandlung mit Elbasvir (EBR)/Grazoprevir (GZR) in Opiat-substituierten Patienten: Co-STAR Part B
Hintergrund und Zielsetzung
Intravenöser Drogenkonsum ist heute der häufigste Übertragungsweg des Hepatitis C Virus (HCV). Trotz guter antiviraler Therapieoptionen wird Patienten mit einer Opiat- Substitutionsbehandlung häufig eine antivirale HCV-Therapie verweigert. Mit einer der Hauptgründe für eine nicht-Behandlung dieser Patientengruppe ist die Befürchtung einer HCV-Reinfektion insbesondere bei den Patienten mit Beikonsum. Nach erfolgreicher antiviraler Therapie mit Elbasvir und Grazoprevir wurde 24 Wochen nach Therapieende eine Reinfektionsrate von 2% (6/296) beobachtet. Die Reinfektionsraten nach Therapie wurden jetzt in einer Langzeitstudie über 3 Jahre bei Opiat-Substituierten Patienten untersucht.
Methodik
In der Co-STAR Studie Teil B wurden 199 Opiat substituierte Patienten nach erfolgreicher Anti-HCV Therapie inkludiert und über 3 Jahre alle 6 Monate nachbeobachtet. Bei erneutem Nachweis von HCV-RNA wurde der Genotyp bestimmt und es erfolgte eine Sequenzierung. Die Einschätzung des Risikoverhaltens erfolgte mittels eines entsprechenden Fragebogens.
Ergebnisse
Von den 199 Teilnehmern hatten bereits 192, 179, 173 und 118 Teilnehmer die Nachbeobachtung zu Monat 6, 12, 18 und 24 absolviert. Bei 59-62 % der Patienten konnte zu den Nachbeobachtungszeitpunkten ein Beikonsum mittels eines Urintests nachgewiesen werden. In den Fragebögen wurden von 12-26% der Patienten ein i.v. Drogenkonsum angegeben. Zusätzlich zu den ersten 6 Patienten, die bereits innerhalb der ersten 24 Wochen nach Therapieende eine Reinfektion hatten, konnte im Langzeitverlauf bei 4 weiteren Patienten eine Reinfektion beobachtet werden. In 3/5 Patienten mit einer Reinfektion innerhalb der ersten 12 Wochen nach Beendigung der antiviralen Therapie kam es im Verlauf zu einer spontanen HCV-Elimination. Bei Patienten, die erst nach der Nachbeobachtungswoche 12 eine Reinfektion erlitten, kam es bei keinem der Patienten zu einer spontanen HCV-Elimination. Eine persistierende Reinfektion mit erneuter Entwicklung einer chronischen Hepatitis C wurde somit nur bei 1,6 Reinfektionen/100 Patientenjahre beobachtet.
Fazit
Eine antivirale Therapie der Hepatitis C Virusinfektion ist bei Opiat-substituierten Patienten effektiv. Die Reinfektionsrate mit erneutem Auftreten einer chronischen Hepatitis C ist trotz eines bei Majorität der Patienten bestehenden Beikonsums selten. Aufgrund der bestehenden geringen Reinfektionsraten sollte Patienten mit einem Beikonsum eine antivirale Therapie nicht vorenthalten werden.
PD Dr. med. Gerlinde Teuber
Fachärztin für Innere Medizin
und Gastroenterologie,
Schwerpunktpraxis Hepatologie,
Dreieichstraße 59,
60594 Frankfurt am Main
Kommentar PD Dr. med. Gerlinde Teuber
Ein Haupthinderungsgrund für die Behandlung von Opiat-substituierten Patienten mit chronischer Hepatitis C, die noch einen aktiven Beikonsum haben, sind die Bedenken vor einer hohen Reinfektionsrate. In dieser Studie wurde jetzt erstmalig der Zusammenhang zwischen Substitution, Beikonsum und Reinfektionsraten in einem größeren HCV-Patientenkollektiv untersucht. Trotz einer hohen Beikonsumrate im Gesamtnachbebachtungszeitraum von ca. 60% mit einem Anteil von bis 37% auch intravenösem Drogenkonsum, konnte nur bei 3,6% der behandelten HCV-Patienten eine persistierende Reinfektion beobachtet werden. Diese ist überraschenderweise niedriger als in anderen Hochrisikogruppen (z.B. homosexuelle Männer). Die Patienten sollten klar auf eine fehlende Langzeitimmunität und das Risiko einer HCV-Reinfektion hingewiesen werden. Vermutlich kann die Reinfektionsrate durch eine wiederholte, strukturierte Aufklärung bezüglich der bestehenden Übertragungswege ( nicht nur IVDA, sondern z.B. auch Ansatzstücke von Crack-Pfeifen, Filtern etc) der Substitutionspatienten durch den behandelnden Arzt weiter gesenkt werden. Durch die zunehmende Behandlung der Substitutionspatienten wird in den nächsten Jahren der Anteil mit HCV infizierter Patienten unter den Substitutionspatienten weiter abnehmen. Dies wird das Risiko einer HCV-Reinfektion in Zukunft weiter vermindern. Die hier gezeigte, niedrige HCV-Reinfektionsrate ist meiner Ansicht nach kein Grund, Opiat-Substituierten Patienten auch mit Beikonsum eine antivirale Therapie zu verweigern. Das Ausmaß des Beikonsums sollte allerdings nicht die Therapieadhärenz negativ beeinträchtigen.
PD Dr. med. Karsten Wursthorn
Lutherstrasse 12,
19053 Schwerin
Kommentar PD Dr. med. Karsten Wursthorn
In der Interferon Ära galt die antivirale Behandlung von substituierten Patienten oder gar solchen mit aktivem (intravenösem) Beikonsum als – zurückhaltend ausgedrückt - schwierig. Patienten wurden aufgrund ihres Risikoverhaltens stigmatisiert und von einer antiviralen Therapie ausgeschlossen, da eine erneute Reinfektion bei fortgesetztem intravenösen Drogenabusus impliziert wurde. Dies hat sich dank der in der Regel hervorragenden Ansprechraten und Verträglichkeit der aktuell verfügbaren DAA-Regime deutlich verbessert. Patienten mit Opioidsubstitution und Beikonsum können nun genauso erfolgreich behandelt werden wie andere Patientengruppen. Auch mit dem (Vor-) Urteil der hohen Reinfektionsrate kann nun aufgeräumt werden, wie die vorliegende Arbeit erneut bestätigt. Auch aufgrund einer hohen spontanen Heilungsrate bei Reinfektionen innerhalb der ersten 12 Wochen nach erfolgreicher Therapie (3 von 5 Patienten) kommt es zu lediglich 1,6 Reinfektionen/100 Personenjahre. Dabei liegt die Reinfektionsrate bei Patienten mit aktivem intravenösem Drogenabusus bei 4,2/100 Personenjahre, bei denen ohne Drogenabusus lediglich bei 0,4/100 Personenjahre. Mit der zunehmenden Eradikation von Hepatitis C wird sicherlich auch die Reinfektionsrate in der Gruppe der Personen mit Opioidsubstitution und aktivem intravenösen Drogenabusus in Zukunft abnehmen.