Wilke Beuthien, München
HCV-Therapie bei eingeschränkter Nierenfunktion
Eine chronische Hepatitis C Virus Infektion kann verschiedene Autoimmun- Phänomene auslösen. Die häufigste Form der Nierenbeteiligung ist eine cryoglobulinämische Vaskulitis (meist mit dem histologischen Bild einer membranoproliferativen Glomerulonephritis), seltener kommt es zu einer membranösen Nephropathie oder einer Polyarteritis nodosa 1. Daher sollte bei Patienten mit den genannten Nierenerkrankungen nach einer Hepatitis C Virus Infektion als zugrundeliegender Ursache gesucht werden. Bei HCV-Infizierten sind die glomerulären Nierenerkrankungen jedoch oft klinisch inapparent, weshalb eine Untersuchung der Nierenfunktion einschließlich Urinsediment und Eiweißausscheidung im Urin durchgeführt werden sollte, um eine Nierenbeteiligung zu erfassen. HCV-induzierte Nierenerkrankungen bessern sich meist bei erfolgreicher Therapie der HCV-Infektion, somit besteht hier unabhängig vom Ausmaß der Lebererkrankung eine Therapieindikation.
Auch wenn die Übertragung des Hepatits C-Virus durch chronische Hämodialyse selten geworden ist, ist die Prävalenz der chronischen Hepatitis C bei Hämodialyse-Patienten wie auch bei Nierentransplantierten erhöht 2.
Pharmakokinetik
Zur Therapie der chronischen Hepatitis C stehen derzeit mehrere Kombination von direkt antiviralen Substanzen (DAA) zur Verfügung, ggf in Kombination mit Ribavirin. Bis zu einer GFR von 30 ml/min kann die Therapie der Hepatitis C mit allen neuen DAA ohne Dosisanpassung erfolgen 3. Allerdings sind in den Zulassungsstudien Patienten bereits ab einer GFR < 60 ml/min ausgeschlossen worden.
Für alle DAA wurde die Pharmakokinetik einer Einzeldosis bei HCV-negativen Freiwilligen mit einer GFR < 30 ml/min untersucht. Bis auf Sofosbuvir werden die DAAs vorwiegend biliär ausgeschieden und zeigen bei schwerer Niereninsuffizienz nur einen geringen Anstieg der AUC 4- 8. Sofosbuvir wird hepatisch metabolisiert und zu 80 %, vorwiegend in Form des inaktiven Metaboliten GS- 331007, renal eliminiert. Dementsprechend fand sich in einer Untersuchung einer Einzeldosis 400 mg Sofosbuvir bei Probanden mit einer GFR < 30 ml/min eine Zunahme der AUC um 171 % und des inaktiven Metaboliten GS- 331007 um 451 % 4.
Bei Patienten mit einer GFR< 30 ml/min, nicht jedoch bei Dialysepatienten, können Daclatasvir sowie Paritaprevir/Ritonavir/Ombitasvir plus Dasabuvir in unveränderter Dosis angewandt werden. Für Sofosbuvir, Ledipasvir und Simeprivir gibt es keine Dosisempfehlung 3-8 (Tab. 1).
Ribavirin wird renal eliminiert und akkumuliert bei Niereninsuffizienz und muss daher dosisangepasst werden.
Sofosbuvir | Ledipasvir | Ombitasvir + Paritaprevir/ Ritonavir +Dasabuvir | Simeprevir | Daclatasvir | |
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Pharmakokinetik | hepatisch metabolisiert Haupotmetabolit GS-331007 zu 80% renal eliminiert | biliär ausgeschieden < 1% renal eliminiert | hepatisch metabolisiert, biliär ausgeschieden renale Ausscheidung: Ombitasvir zu 2% Paritaprivir zu 8% Ritonavir zu 11% | hepatisch metabolisiert, biliär ausgeschieden < 1% renal ausgeschieden | zu 88% biliär ausgeschieden |
GFR >30 ml/min | Standard (400 mg) | Standard (90 mg) | Standard (12,5 mg + 75/50 mg + 250 mg) | Standard (150 mg) | Standard (60 mg) |
GFR <30 ml/min oder Dialyse | Keine Dosisempfehlung Zunahme der AUC von Sofosbuvir um 171% und des inaktiven Metaboliten GS- 331007 um 451% | Keine Dosisempfehlung | Standard (12,5mg + 75/50 mg + 250 mg) Nicht bei Dialysepflichtigkeit Zunahme der AUC um 51-114% | Keine Dosisempfehlung | Standard (60 mg) Zunahme der AUC um 51% |
Tabelle 1:Übersicht DAA bei Niereninsuffizienz
Klinische Studien
In einer derzeit laufenden Studie wird die Sicherheit und Wirksamkeit von 200 oder 400 mg Sofosbuvir mit Ribavirin sowie von 400 mg Sofosbuvir mit 90 mg Ledipasvir an Patienten mit einer GFR < 30 ml/min untersucht 9. 10 Patienten wurden mit der Kombination von Sofosbuvir (200 mg) mit Ribavirin behandelt und erreichten nach zwei Wochen ein rasches virologisches Ansprechen vergleichbar Patienten mit normaler Nierenfunktion (8/10 Patienten), jedoch nur vier Patienten erreichten die SVR. Die Sofosbuvir-Exposition (AUC) war mit der bei Nierengesunden vergleichbar. Die Exposition des inaktiven Metaboliten GS- 331007 war dagegen 4-fach erhöht. Zwischen Erreichen einer SVR und der Sofosbuvir-Exposition bestand keine Korrelation. Nebenwirkungen waren bei Nierenkranken und Nierengesunden vergleichbar, vor allem erwartungsgemäß die Ribavirin-induzierte Anämie 10.
Ein Fallbericht mit vier Patienten, die mit Sofosbuvir (ebenfalls in reduzierter Dosis: 400 mg jeden 2. Tag) und Simeprevir 150 mg behandelt wurden, erreichten 3/3 die SVR. Schwere Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet 11.
Das Regime Paritaprevir/Ritonavir/Ombitasvir plus Dasabuvir wird derzeit in der Studie RUBY-1 bei HCV Genotyp 1 (bei Genotyp 1a mit, bei Genotyp 1b ohne Ribavirin) und hochgradiger Niereninsuffizienz oder Dialysepflichtigkeit untersucht 12. Insgesamt wurden 20 Patienten eingeschlossen, davon 13 Dialysepatienten. Von 10 Patienten, die die 12-wöchige Behandlung und bisher 4-wöchige Nachbobachtung beendet hatten, hatten 10/10 eine SVR4. Bis auf die Ribavirin-induzierte Anämie, die bei 8/13 Patienten eine Unterbrechung der Ribavirin-Therapie erforderte, traten keine schweren, Behandlungs-assoziierten Nebenwirkungen auf. Im Rahmen der Studie wurden auch die Spiegel (Ctrough) der Medikamente bestimmt, die im selben Bereich lagen wie bei Nierengesunden 13.
Im Rahmen der Studie C-SURFER wurden über 200 Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung (inklusive Dialyse) mit den noch nicht zugelassenen DAA Grazoprevir/Elbasvir ohne Ribavirin behandelt 14. Über 90 % der Patienten erreichten die SVR. Relevante Nebenwirkungen wurden nicht beobachet.
Renale Nebenwirkungen
Für die neuen DAA sind bisher keine renale Nebenwirkungen oder Nephrotoxizität bekannt.
Zusammenfassung
Bisher
gibt es für Patienten mit hochgradiger Niereninsuffizienz nur
spärliche Daten zur Behandlung mit DAA. Die Dosis der DAA (mit
Ausnahme von Sofosbuvir!) muss bei Niereninsuffizienz aufgrund der
vorwiegend biliären Exkretion nicht angepasst werden. Die besten
Daten zur Behandlung hochgradig
Niereninsuffizienter liegen
derzeit zu
Paritaprevir/Ritonavir/Ombitasvir plus Dasabuvir vor,
so dass dies im Moment die beste und – mit Ausnahme von
Dialysepatienten – auch zugelassene Therapieoption darstellt.
Beuthien W, Mellinghoff HU, Kempis Jv. Vasculitic complications of interferon-alpha treatment for chronic hepatitis C virus infection: case report and review of the literature. Clin Rheumatol. 2005;24(5):507.
Fissell RB, Bragg-Gresham JL, Woods JD, Jadoul M, Gillespie B, Hedderwick SA, Rayner HC, Greenwood RN, Akiba T, Young EW. Patterns of hepatitis C prevalence and seroconversion in hemodialysis units from three continents: the DOPPS. Kidney Int. 2004;65(6):2335.
http://www.hcvguidelines.org/print/159
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Fachinformation Olysio (Simeprivir); Janssen- Cilag; Juni 2014
Fachinformation Exviera (Dasbuvir); Abbvie, Januar 2015 Fachinformation Viekirax (Ombitasvir, Paritaprevir/ Ritonavir); Abbvie , Januar 2015
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1Gane et al. Safety, Antiviral Efficacy and Pharmakokinetics of Sofosbuvir in Patients with Severe Renal Impairment. AASLD 2014
Bhamidimarri et al. Urgent treatment with sofosbuvir based regimen for hepatitis C Genotype 1 patients with
severe renal insufficiency (GFR < 30 ml/min). AASLD 2014
https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02207088
Pockros et al. Safety of Ombitasvir/Paritaprivir/Ritonavir plus Dasabuvir fortreating HCV GT1 infection in patients with severe renal impairment or end-stage-renal disease: THE RUBY-I STUDY, Abstract L01, Liver Congress, Wien, April 2015
Roth D et al: C-SURFER: GRAZOPREVIR PLUS ELBASVIR IN TREATMENT-NAIVE AND TREATMENT-EXPERIENCED PATIENTS WITH HEPATITIS C VIRUS GENOTYPE 1 INFECTION AND CHRONIC KIDNEY DISEASE. Abstract LP02, Liver Congress, Wien, April 2015