Eine Analyse der Heilungsraten von und Neuinfektionen mit Hepatitis C in 91 Ländern

Washington DC, 24. Okt. 2017

Ist eine globale Eradikation der Hepatitis C bis 2030 möglich?

Hintergrund und Zielsetzung

Die 2016 formulierten Ziele der WHO zur Elimination der Hepatitis C für das Jahr 2030 zielen auf eine 90%ige Diagnoserate, von denen wiederum 80% behandelt werden sollten. Um das zu erreichen, muss die Zahl der (erfolgreich) therapierten Patienten größer sein als die Zahl der Neuinfektionen. In dieser epidemiologischen Arbeit wurde untersucht, wie es um die Heilungsraten und Neuinfektionen in 91 Ländern im Jahr 2016 bestellt war.

Methodik

Epidemiologische Daten aus dem Jahr 2016 wurden aus nationalen Berichten, Publikationen und dem Polaris Observatory gewonnen. Aus 91 Ländern gab es Daten zu SVR, HCV-assoziierten Todesfällen und Neuinfektionen. Für 109 Länder konnte lediglich indirekt die Veränderung der HCV Epidemie beurteilt werden. Die Netto-Heilung ergibt sich aus Patienten mit SVR plus HCV-assoziierte Todesfälle minus HCV Neuinfektionen.

Ergebnisse

In den 91 untersuchten Ländern lebten 2016 57,3 Millionen Personen mit HCV, in den verbleibenden 109 Ländern lebten weitere 12,2 Millionen. Numerisch die meisten Patienten mit HCV leben im asiatisch-pazifischen Raum (29,6 Millionen) und hier vor allem in China (9,8 Millionen). In Australien wurden 2016 mit 16% der diagnostizierten Fälle prozentual die meisten Patienten behandelt, danach teilen sich Japan, die Niederlande und Ägypten mit 12% den zweiten Platz. Mit Frankreich, Spanien (jeweils 8%) und Deutschland (7%) finden sich insgesamt 4 westeuropäische Staaten unter den Top Ten. Daraus ergibt sich eine Netto-Heilung von 15% in Japan, 12% in Australien, 9% in Ägypten und 5% in Deutschland. Länder mit dem größten Zuwachs an HCVRNA positiven Personen waren u. a. Russland (+5,6%), die Vereinigten Arabischen Emirate (+4,6%) und Kenia (+3,4%). Für das Jahr 2016 ergab sich weltweit ein 1.8%ige Verminderung der Hepatitis C von 69,6 Millionen auf 68,3 Millionen. Um das WHO Ziel zu erreichen, müssten jährlich 6-7 Millionen Personen mit HCV diagnostiziert und behandelt werden, gleichzeitig muss das Infektionsrisiko gesenkt werden. Nimmt man die Kosten generischer DAAs von ca. $47 pro Behandlung, könnten alle Patienten weltweit für 3,5 Milliarden Dollar therapiert werden.

Fazit

Nur wenige Länder waren im Jahr 2016 auf einem guten Weg, das WHO Ziel 2030 der Elimination der Hepatitis C zu erreichen. Während die HCV Prävalenz in Nordamerika, Nordafrika / Mittlerer Osten und Westeuropa leicht zurückging, legte sie v. a. in Subsahara Afrika und Osteuropa teils deutlich zu. Um eine weltweite HCV Elimination zu ermög-lichen, sind weitaus größere Diagnostik- und Therapieanstrengungen auch mit den deutlich günstigeren generischen DAA Regimen notwendig.

PD Dr. med. Karsten WursthornPD Dr. med. Karsten Wursthorn
Lutherstrasse 12,
19053 Schwerin

Kommentar PD Dr. med. Karsten Wursthorn

Die Arbeit wurde parallel zur Vorstellung auf dem Liver Meeting im Journal of Virus Eradication (Hill et al., J Vir.Erad., 2017, 3, 117-123.) veröffentlicht. Dort lässt sich detailliert nachlesen, wie die Nettoheilung auf dem Weg zum WHO Ziel 2030 im Jahr 2016 voranschreitet, nämlich nur äußerst zäh. Während wir in Westeuropa und in Nordamerika dank eines recht breiten Einsatzes der DAA einigermaßen erfolgreich therapieren, gehen gleich nebenan in Osteuropa und Russland die Zahlen HCV-positiver Personen nach oben. Neben politischen Gründen verhindern die fehlende Verbreitung und die hohen Kosten der DAA in diesen Ländern einen breiteren Einsatz und damit eine höhere Netto-Heilungsrate. Dabei konnte bereits gezeigt werden, dass die Behandlung mit deutlich günstigeren DAA Generika genauso erfolgreich durchgeführt werden kann wie mit den Originalpräparaten. Die Untersuchung erinnert vehement daran, die Hepatitis C nicht als erledigt abzuhaken.

PD Dr. med. Gerlinde TeuberPD Dr. med. Gerlinde Teuber
Fachärztin für Innere Medizin
und Gastroenterologie,
Schwerpunktpraxis Hepatologie,
Dreieichstraße 59,
60594 Frankfurt am Main

Kommentar PD Dr. med. Gerlinde Teuber

Im Hinblick auf die neuen, einfachen aber hocheffektiven Behandlungsoptionen der chronischen Hepatitis C (HCV) wurde 2016 von der WHO eine 90 prozentige Reduktion der chronischen Hepatitis C Virusinfektion weltweit bis 2030 gefordert. Dieses Ziel ist nur zu erzielen, wenn die Rate der erfolgreich therapierten HCV-Patienten deutlich die Zahl der Neuinfektionen überschreitet. In der vorliegenden Studie wurde die Situation weltweit anhand epidemiologischer Daten aus 91 Ländern vor 2016 analysiert. Nur in wenigen Regionen der Welt überschritt die Zahl der behandelten Patienten überhaupt die Zahl der Neuinfektionen. So betrug in Westeuropa die Nettoheilungsrate nur 5%. Das WHO-Ziel einer Kontrolle der HCV-Epidemie kann nur durch deutlich höhere Behandlungsraten erreicht werden. Dies bedeutet für die Bundesrepublik Deutschland, dass alle Patienten mit bekannter chronischer HCV einer antiviralen Therapie zugeführt werden müssen. Mit den modernen DAA-Therapien haben nur noch sehr wenige Patienten eine Kontraindikation gegen eine entsprechende, antivirale Therapie. Gerade für die Hauptrisikogruppen, z.B. Patienten mit einer Opiatsubstitutionstherapie aber auch für Patienten mit noch aktivem intravenösem Drogenabusus, muss der Zugang zu einer entsprechenden Therapien vereinfacht werden und Barrieren (z.B. Fahrtkosten, Zuzahlung) abgebaut werden.

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