Erhöhtes HCC-Risiko durch DAA?
In zwei Studien wurde untersucht, ob es nach einer DAA-Therapie häufiger zum Auftreten von HCC (hepatozellulären Karziomen) kommt. In der italienischen Studie wurden 3075 HCV-Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung (F3/F4) nach DAA-Therapie prospektiv knapp ein Jahr lang beobachtet. 60% waren Männer. Das durchschnittliche Alter lag bei 60 Jahren und rund 70% hatten eine Zirrhose. 63% hatten GT1, 17% GT3 und 13% GT2. 44% waren vorbehandelt. Vor der DAA-Therapie war ein HCC sonographisch ausgeschlossen worden.
Die SVR12 lag bei F3-Fibrose bei 97%, bei Zirrhose CPT A bei 93% und bei Zirrhose CPT B bei 80%. Bei 41Personen wurde im Lauf eines Jahres ein HCC diagnostiziert, wobei eine Hälfte der Patienten nur eine Läsion hatte, bei der anderen anderen Hälfte wurde eine aggressivere HCC-Manifestation beobachtet, d.h. zwei und mehr Läsionen bzw. ein diffuses Wachstum, extrahepatische Manifestation (10%) oder Pfortaderthrombose (12%). 28 der 41 HCC-Patienten hatten die SVR12 erreicht, 13 HCC traten bei Therapie-Versagern auf.
Insgesamt waren damit HCC nach einer DAA-Therapie mit einer Inzidenz von 1,64 pro 100 Patientenjahren (0,23 ohne Zirrhose, 1,64 mit CPTA-Zirrhose und 2,93 mit CPTB-Zirrhose) nicht häufiger in historischen Kontrollen. Risikofaktoren für das Auftreten eines HCC waren ein Nicht-Ansprechen auf die HCV-Therapie (achtfach höheres Risiko!) 1,93 mit Zirrhose) sowie der Schweregrad der Zirrhose. Überraschend war dagegen das aggressivere Wachstums des HCC bei den behandelten Patienten.
In der zweiten Untersuchung wurden die Daten von 1067 Zirrhotikern (20% dekompensiert) retrospektiv ausgewertet, die im Rahmen von Gilead-Studien mit einem Sofosbuvir-haltigen Regime behandelt wurden. 70% waren Männer im Alter von 60 Jahren, 55% hatten GT1, 5% GT2 und 14% GT3. Die Thrombozyten lagen bei 130.000/µl.
Im Lauf von knapp zwei Jahren wurde bei 17 Patienten ein HCC diagnostiziert (10 dekompensierte Zirrhose). Die Inzidenz war hier mit 1,39 und 1,82 pro 100 Patientenjahren niedriger als nach Inferferon-basierten Behandlungen.
Kommentar Dr. Ramona Pauli, München
Die Behandlung der chronischen Hepatitis C mit DAA erhöht nicht das Risiko für die Neuentwicklung von Leberkrebs. Die in der Studie beobachteten Tumoren waren sicherlich schon vor/bei Therapiebeginn schon vorhanden, allerdings so klein, dass man sie nicht sehen konnte. Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von Leberkrebs ist und bleibt die Leberzirrhose. Je schwerer die Leberschädigung umso größer das Risiko. Dass Non-Responder ein höheres HCC-Risiko hatten, ist nicht erstaunlich, schließlich war die Heilungsrate bei den Patienten mit am weitesten fortgeschrittener Zirrhose mit 80% am geringsten.
Überraschen ist allerdings, dass das Wachstums der Tumoren nach DAA-Therapie aggressiver zu sein scheint. Als Gründe dafür werden neue Möglichkeiten der Ausbreitung in der Leber durch den Wegfall von HCV in den Zellen bzw. eine Veränderung der lokalen Immunlage durch Wegfall der HCV-Infektion diskutiert.
Als Konsequenz wird empfohlen, das HCC-Screening bei Leberzirrhose auch nach Heilung von HCV unbedingt weiter fortzusetzen und sollte ein HCC auftreten, zuerst den Tumor zu behandeln, dann die chronische Hepatitis C.