Jörg
Petersen, Hamburg
Hepatitis B – Switch von Nuke
auf Interferon
Ein 32 jähriger männlicher Patient mit chronischer Hepatitis B, vermutlich bereits vertikal von der Mutter infiziert, stellte sich im Juli 2007 erstmalig vor. Es fand sich eine HBeAg-negative Verlaufsform einer chronischen Hepatitis B-Infektion, initial mit geringer Viruslast von 34500 IU/ml HBV-DNA bei deutlich erhöhter GPT (218U/l), HDV negativ. Die Leberbiopsie im gleichen Jahr erbrachte den Nachweis einer deutlichen inflammatorischen Reaktion und mäßiger Fibrose (Grading 3 von 6, Staging 2 von 4 nach Desmet).
Start mit Tenofovir
Nach Diskussion der verschiedenen Therapiemöglichkeiten, PEG-Interferon alpha-2a oder Nukleos(t)idanaloga (Nuke) ,entschied sich der Jurastudent für die Therapie mit Tenofovir. Seit Juni 2008 war die HBV-DNA komplett supprimiert und blieb es auch in den folgenden Jahren. Die Transaminasen hatten sich ebenfalls normalisiert und blieben im Normbereich. Die Adhärenz war somit zunächst hoch, die Fragen nach Therapiedauer mit Tenofovir (bei HBeAg neg. Verlaufsform zumeist Dauertherapie) wurden von Jahr zu Jahr allerdings immer dringlicher. Der HBsAg-Spiegel unter der Nuke-Therapie war nicht abgefallen, sondern zeigte stabile Verhältnisse mit Werten zwischen 9000-11000 IU/l als Hinweis auf eine vermutlich notwendige Dauertherapie.
Bei stabiler beruflicher und sozialer Situation und zuletzt unauffälligem Fibroscan erläuterten wir dem Patienten die Möglichkeit eines Therapieswitch auf PEG-IFN alpha zum Versuch der Limitierung der Therapiedauer seiner antiviralen Therapie. Im Jahre 2011 hatte sich erstmalig eine gewisse Nachlässigkeit in der Tabletteneinnahme mit der Folge einer wieder gering detektierbaren Virämie gezeigt (HBV-DNA positiv mit Werten von 50 IU-max 347 IU/ml). Der Patient bestätigte dies, doch die Adhärenz blieb trotz wiederholter Gespräche über die Wichtigkeit der regelmäßigen Tabletteneinnahme im Folgenden wechselhaft.
Ein Jahr Interferon
ALT U/I | HBV-DNA | IU/ml | qHBsAg IU | |
---|---|---|---|---|
02.2012 | 19 | 68 | 10.487 | Start PEG-IFN |
03.2012 | 136 | 128 | 9.456 | |
04.2012 | 346 | 218 | 7.455 | |
05.2012 | 198 | 65 | 225 | |
06.2012 | 68 | 38 | 28 | |
10.2012 | 33 | <11 | 0,08 | |
01.2013 | 28 | 12 | 0,13 | Stop PEG-IFN |
03.2013 | 22 | <11 | 0,43 | Anti-HBs-negativ |
06.2013 | 15 | <11 | <0,05 | Anti-HBs-negativ |
Tabelle 1:Laborwerte im Verlauf. Deutlicher Abfall des quantitativen HBsAg unter Interferon.
Ende 2011 wurde dann „geswitcht“ auf PEG-IFN alpha bei geringer Restvirämie und normalen Transaminasen. Der Patient spritzte über 48 Wochen PEG-IFN alpha-2a 180 µg/Woche sc und tolerierte die Behandlung mit den üblichen IFN-Nebenwirkungen recht gut. Der Verlauf ist anhand der Tabelle gekennzeichnet (Tab. 1). Erfreulicherweise kam es nach einem mäßigen hepatitischen Flare zu einem raschen Absinken des zuvor stabilen qHBsAg. Bei Therapieende nach 48 Wochen fand sich nur noch ein sehr geringer HBsAg-Spiegel mit 0,13 IU/l und auch im weiteren Verlauf zeigte sich kein erneuter Anstieg, so dass in Kombination mit normalisierten Transaminasen bislang von einer sog. „Sustained Response“ nach Interferon-Therapie in diesem Einzelfall auszugehen ist. Protektive AntiHBs-Ak haben sich allerdings bislang nicht gebildet. Der Patient erscheint weiterhin regelmäßig zu Nachuntersuchungen und ist stabil.
Kommentar: In Einzelfällen kann ein Switch von Nuke auf Interferon eine Therapieoption darstellen, wenn die Adhärenz nach jahrelanger Nuke-Therapie nachlässt und den Therapieerfolg zu gefährden droht oder wenn bei einer weiblichen Patientin mit geplantem Kinderwunsch einmal eine limitierte Therapieoption gesucht wird.
Diese Art von Switch wird derzeit in mehreren klinischen Studien untersucht und es gibt bislang noch keine Leitlinienempfehlung zu einem Wechsel der Therapie. Wichtig ist hier sicherlich der Hinweis, dass bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose oder Zirrhose ein solches Vorgehen nicht indiziert ist, da Interferon in dieser Situation hepatititische Flares mit klinischer Dekompensation auslösen kann.