Chronische Hepatitis B
Leitlinien aktualisiert

Die Aktualisierung der Leitlinie zur Hepatitis B wurde im Juni verabschiedet. Die wichtigsten Änderungen betreffen die Bereiche Therapieindikation und -anpassung sowie Schwangerschaft und Prophylaxe der Reaktivierung.

Auf der Tagung des Kompetenznetz Hepatitis Anfang Juni wurde die Aktualisierung der Leitlinie zur chronischen Hepatitis B vorgestellt, diskutiert und abgestimmt. Die Veröffentlichung der Leitlinie ist Anfang 2011 geplant.

Testung

Die Empfehlungen zur Testung auf Hepatitis B wurden nicht geändert. Nach wie vor soll breit getestet werden, insbesondere auch Personen mit Migrationshintergrund aus Ländern mit erhöhter HBsAg-Prävalenz sowie Patienten vor bzw. während einer immunsuppressiven Therapie. So sollte bei allen Patienten vor einer Chemotherapie auf HBsAg und anti-HBc bestimmt werden.

Indikation

Die Indikation zur antiviralen Therapie der Hepatitis B wurde den europäischen Empfehlungen angepasst. Eine Therapie wird nun nicht nur bei einer mehr als zweifachen Erhöhung der Transaminasen empfohlen, sondern schon bei jeder erhöhten GPT. Patienten ohne erhöhte Transaminasen aber mit extrahepatischen Manifestationen oder HCC-Risiko sollten ebenfalls behandelt werden (Abb. 1).

Abb. 1: Therapieindikation 2010/2011
Abb. 1: Therapieindikation 2010/2011

Therapieziel

Das Ziel der Behandlung der chronischen Hepatitis B ist – wie bei fast allen Erkrankungen – die Morbidität und Mortalität zu senken. Dazu sollen die Surrogatmarker während und nach der Behandlung untersucht werden. Zielwerte wurden in den bisherigen Leitlinien nicht genannt. In neueren Studien hat sich nun gezeigt, dass die Senkung der HBV-DNA unter die Nachweisgrenze klinische Endpunkte, z.B. hepatozelluläre Karzinome, verhindern kann. Als Therapieziel wird daher neuerdings die Senkung der HBV-DNA unter die Nachweisgrenze genannt. Eine zweite Neuerung ist das „langfristige Ziel“ der immunologischen Kontrolle, d.h. der Serokonversion von HBs-Antigen zu Anti-HBs-Antikörpern.

Behandlung

Eine Interferon-Therapie über sechs bis 12 Monate kommt wie bisher bei günstigen Prädiktoren (mindestens 2fach erhöhte Transaminasen/ideal mindestens 5fach erhöhte Transaminasen, HB-Viruslast <108 IU/ml und Genotyp A) in Frage. Andere Genotypen sollen – und das ist neu – bei „zusätzlichen günstigen Faktoren eine Therapie nicht ausschließen“.

Bei den Nukleos(t)idanaloga wird bei Patienten ohne Leberzirrhose nach wie vor die Auswahl je nach Viruslast, Komorbidität und Vortherapie empfohlen. Bei der Leberzirrhose stehen Medikamente mit hoher Resistenzbarriere an erster Stelle, die Option einer Kombination ist weggefallen.

Im Hinblick auf das Therapieansprechen bzw. -versagen wurden die Empfehlungen deutlich konkretisiert. Zum einen wird bis zum virologischen Ansprechen nicht mehr sechs bis 12 Monate gewartet. Nach sechs Monaten sollte die HBV-DNA <200 IU/ml liegen und nach einem Jahr negativ sein, wobei die Viruslast unter Medikamenten mit hoher Resistenzbarriere kontinuierlich ohne Plateau abfallen sollte. Bei fehlendem Ansprechen sollte die Adhärenz überprüft und bei einem Anstieg der HBV-DNA unter Therapie von mehr als 1 log über dem Nadir die Behandlung „angepasst“ werden (Abb. 2).

Abb. 2: Therapie 2010/2011
Abb. 2: Therapie 2010/2011

Schwangerschaft

Hier hat sich die antivirale Therapie in der Schwangerschaft durchgesetzt. Frauen mit hoher Viruslast sollten behandelt werden. Eine bestehende Therapie mit Lamivudin oder Tenofovir kann fortgesetzt werden. Entecavir oder Adefovir sollten dagegen auf Lamivudin bzw. Tenofovir umgestellt werden. Zu Tenofovir liegen gute Erfahrungen aus dem HIV-Schwangerschaftsregister vor. Zu Telbivudin, das eine Empfehlung der Klasse B in der Schwangerschaft hat, fehlen noch klinische Erfahrungen. Interferon alfa sollte in jedem Fall umgehend abgesetzt werden.

Reaktivierung

Schon immer galt die Empfehlung bei hochdosierter immunsuppressiver Therapie HBsAg-positive bzw. HBV-DNA-positive Patienten (okkulte Hepatitis B) mit Nukleos(t)idanaloga zu behandeln. HBs-Ag-negative, Anti-HBc-positive Patienten sollen engmaschig überwacht werden. Eine antivirale Therapie ist bei diesen Patienten lediglich im Fall einer Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation sowie bei Anstieg der HBV-DNA bzw. des Nachweises von HBsAg indiziert. Neu ist die Spezifizierung für die Therapie mit TNF-alpha-Blocker. Hier wurden schwer verlaufende Reaktivierungen beobachtet. Zu einer Empfehlung der Prophylaxe für alle Patienten hat die Evidenz aber nicht gereicht. Deshalb heißt es, dass HBsAg-negative, Anti-HBc-positive Patienten vor Therapie mit anti-CD20 Antikörpern (z.B. Rituximab) mit Nukleos(t)idanaloga behandelt werden können (Envidenzgrad C). Zudem wurde die Therapiedauer von bisher sechs Monaten auf „sechs besser 12 Monate“ verlängert.

Therapieende

Die chronische Hepatitis B verläuft in zwei Phasen. Von der hochvirämischen HBeAg-positiven Hepatitis geht die Erkrankung durch bessere immunologische Kontrolle in eine HBeAg-negative Hepatitis. Diese wird schließlich vom Abwehrsystem komplett supprimiert, es kommt zum HBsAg-Verlust mit Bildung von HBs-Antikörpern (Abb. 3).

Abb. 3: Natürlicher Verlauf der chronischen Hepatitis B
Abb. 3: Natürlicher Verlauf der chronischen Hepatitis B

In den Leitlinien wird nur noch beim Beenden der Therapie, nicht mehr bei der Therapieindikation zwischen HBeAg-positiver und –negativer Hepatitis B unterschieden. Bei HBeAg-positiver Hepatitis kann die Behandlung nach Serokonversion von HBeAg zu anti-HBe beendet werden, neuerdings aber erst „frühestens 12 Monate nach der Serokonversion und bei negativer HBV-DNA“. Bei einer Anti-HBs-Serokonversion wird die Therapie unabhängig vom anti-HBs-Titer beendet (Abb. 4).  

Abb. 4: Therapieende 2010/2011
Abb. 4: Therapieende 2010/2011


Meldungen

  • Hepatitis C

    02. September 2024: Nach wie vor hohe Reinfektionsrate in New York City weiter

  • Deutsche Leberstiftung

    30. August 2024: Stipendien für hepatologische Forschungsvernetzung ausgeschrieben. weiter

  • Hepatitis C

    26. Juli 2024: Close the gap - Gut vernetzt Hepatitis C eliminieren weiter

  • 28. Juli ist Welt-Hepatitis-Tag

    23. Juli 2024: Die Deutsche Leberstiftung betont den akuten Handlungsbedarf, informiert über die Bedeutung von Tests und Therapien und berichtet über Erfolge der Screenings auf Hepatitis B und C in Deutschland. weiter

  • Hepatitis E

    23. Juli 2024: Anlässlich des Welt-Hepatitis-Tags am 28. Juli 2024 klärt die Deutsche Leberhilfe über Hepatitis E auf. weiter

  • Deutsche Leberstiftung

    01. Juli 2024: Publikations-Preis 2024 weiter

  • Deutsche Leberstiftung

    17. Juni 2024: Freistellungs-Stipendien 2024 Hepatologie – Bewerbung ab jetzt möglich. weiter

  • Hepatitis E

    15. Mai 2024: Neuer Ansatz verhindert Infektionen weiterer Zellen weiter

  • Fettleber

    08. Mai 2024: Intervallfasten schützt vor Leberentzündung und Leberkrebs weiter

  • Hepatitis C

    02. Mai 2024: Vulnerable Gruppen erreichen: Kreativität trifft Engagement. weiter

  • Virale Hepatitis

    10. April 2024: Gilead spendet 4 Millionen U$ für Elimination der Hepatitis weiter

  • Hepatitis B und D

    10. April 2024: Molekularer Wirkmechanismus von Bulevirtide aufgeklärt weiter

  • Hepatitis C

    27. März 2024: Unerwartete provirale Funktion von GBP1 weiter

  • Früherkennung Leberschäden

    01. März 2024: Das LIVERAIM-Konsortium startet die weltweit größte Studie zur Früherkennung von Leberschäden - mit 100.000 Patient:innen aus sechs europäischen Ländern. weiter

  • Hepatitis E

    02. Februar 2024: Screening im Abwasser möglich weiter

  • Weltkrebstag 4. Februar 2024

    31. Januar 2024: Die Deutsche Leberstiftung informiert zum Weltkrebstag anlässlich steigender Fallzahlen und hoher Mortalitätsraten bei Lebertumoren über deren Prävention, Diagnostik und Therapien. weiter

  • Deutsche Leberstiftung

    30. Januar 2024: Freistellungs-Stipendium für 2024 vergeben an klinisches Projekt zur Autoimmunhepatitis (AIH). weiter

  • Hepatitis E

    25. Januar 2024: Kombinationstherapie bei Resistenz? weiter

  • Pneumokokken

    10. Oktober 2023: Neue STIKO Empfehlung für PCV20 (Apexxnar®) weiter

  • Hepatozelluläres Karzinom

    04. September 2023: Leitlinienempfehlungen aktualisiert weiter

Ältere Meldungen weiter

Diese Webseite bietet Informationen rund um das Thema Lebererkrankungen. Der Schwerpunkt liegt auf den viralen Hepatitiden Hepatitis A, Hepatitis B, Hepatitis C, Hepatitis D und Hepatitis E, Fettleber und Leberkrebs. Es werden Krankheitsbild, Diagnostik und Therapie behandelt. Insbesondere bei der Behandlung der Hepatitis B und Hepatitis C hat sich viel geändert. Hier finden eine Übersicht zu den verfügbaren Medikamenten gegen Hepatitis B und C, Studiendaten, Fachinformation und aktuelle Preise. Die aktuellen Informationen aus Medizin und Industrie richten sich an Betroffene und Ärzte.