Chronische Hepatitis B
Neue Leitlinien spiegeln Effektivität und Verträglichkeit
In den vergangenen 15 Jahren wurden bei der Behandlung der chronischen Hepatitis B enorme Fortschritte erzielt. Die effektive Wirkung antiviraler Medika-mente machte Professor Dr. Thomas Berg, Leipzig, am Beispiel Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF) deutlich: Nach insgesamt vier Behandlungsjahren unter dem Nukleotidanalogon waren immer noch 96 Prozent der HBeAg-positiven 1 und 99 Prozent der HBeAg-negativen Patienten virussupprimiert * (HBV-DNA < 400 Kopien/ml). Besonders erfreulich ist der steigende Anteil an Patienten, die unter TDF das Idealziel der Therapie erreichten: Nach vier Jahren lag die kumulative Wahrscheinlichkeit für einen HBsAg-Verlust bei elf Prozent bei HBeAg-positiven Patienten. 1 „Ein HBsAg-Verlust ist ein möglicher Hinweis darauf, dass die HBV-Infektion bei diesen Patienten komplett abgeklungen ist“, so Berg.
Therapie früher beginnen
Berg ging auf die wichtigsten Veränderungen in der neuen Leitlinie zur Hepatitis B ein. 2 Demnach soll eine Behandlung von Patienten mit chronischer Hepatitis B heute bereits bei einer Viruslast von > 2.000 IU/l und erhöhten ALT-Werten begonnen werden – ohne dass eine fortgeschrittene Fibrose vorliegt. Hintergrund ist die Tatsache, dass Patienten, die zu Beginn der Therapie noch keine Zirrhose aufweisen, ein wesentlich geringeres Risiko haben, innerhalb der nächsten fünf Jahre ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) zu entwickeln, als Patienten mit bestehender Zirrhose. 3
Noch nicht vollständig geklärt ist das Vorgehen bei einer inaktiven, aber hochreplikativen HBV-Infektion. Für eine Therapie spricht Berg zufolge in dieser Situation unter anderem, dass bei einer Behandlung im frühen Stadium der chronischen Infektion die Chance auf einen HBsAg-Verlust größer ist als zu einem späteren Zeitpunkt. 4 Eine HBeAg-Serokonversion bzw. ein HBsAg-Verlust in jüngerem Alter sind außerdem mit einem deutlich geringeren Zirrhose- bzw. HCC-Risiko assoziiert, so Berg weiter. 5,6
Switch statt „Add-on“-Therapie
Abbildung 1: Zunehmende immunologische Kontrolle (HBsAg-Verlust) unter TDF: Kumulative HBsAg-Verlustrate (Kaplan-Meier) unter TDF vs. ADV/TDF bei HBeAg-positiven Patienten modifiziert nach 1
Statt der bisher propagierten „Add-on-Therapie“ bei unzureichendem Therapieansprechen oder dem Vorliegen einer Resistenz wird in der neuen Leitlinie die Umstellung auf ein anderes NUC empfohlen. Von Lamivudin, Telbivudin und Entecavir wird in der Regel auf TDF umgestellt; von Adefovir, das nicht mehr in der Primärtherapie eingesetzt werden soll, auf Entecavir oder TDF. Bei einem Nichtansprechen auf TDF (HBV-Polymerasemutationen wurden bisher nicht nachgewiesen) sollte gemäß der Leitlinie auf Entecavir umgestellt werden oder zusätzlich Lamivudin, Telbivudin oder Entecavir gegeben werden.
Wann Therapie beenden?
Auch bei der Dauer einer antiviralen Therapie haben sich Änderungen ergeben: Ein Behandlungsende wird jetzt zwölf Monate nach HBeAg-Serokonversion (keine HBV-DNA mehr nachweisbar) als sinnvoll angesehen. Nach Abschluss einer immunsuppressiven Behandlung sollte die Therapie sechs bis zwölf Monate fortgeführt werden. Da bisher valide Daten zum idealen Ende der Behandlung fehlen, läuft derzeit die FINITE-Studie, an der sich zahlreiche Studienzentren aus ganz Deutschland beteiligen, so Berg abschließend.
1 Heathcote EJ Hepatology 2010; 52(Suppl): Poster #477
2 Cornberg M et al. Z Gastroenterol 2011; 49: 871-930
3 Greece HEPNET Greece cohort study; Papatheodoridis G #137, AASLD 2009
4 Heathcote JE et al. Gastroenterology 2011; 140 (1): 132-143
5 Yuen MF et al. Gastroenterology 2008; 135: 1192
6 Chen et al. Abstract 815, AASLD 2008
* On-Treatment as observed: Nur
diejenigen Patienten wurden analysiert, die sich zum jeweiligen Zeitpunkt
(zu Woche 192) noch in Behandlung befanden.
Satellitensymposium:
„Facetten einer
erfolgreichen Hepatitis B Therapie“, 66. Jahrestagung der deutschen
Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) am 16.
September 2011 in Leipzig;
Veranstalter: Gilead Sciences GmbH, Martinsried bei
München