Studie im Münsterland
 -- Wie häufig sind Hepatitis B und C in der Allgemeinbevölkerung?

Eine Screening-Aktion im Münsterland ergab eine überraschend hohe Prävalenz von Patienten mit einer Hepatitis-B-Infektion und mit Antikörpern gegen Hepatits C, insbesondere bei Patienten mit erhöhten Leberwerten. Auch in ländlichen Gebieten scheint die Dunkelziffer der unerkannten Hepatitis-Infektionen hoch zu sein.

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  • Oberbauchbeschwerden
  • Konzentrationsschwäche
  • Muskel- oder Gelenkschmerzen
  • Appetitverlust / Gewichtsverlust

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Geburtsland?
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Trifft Folgendes für Sie zu?

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  • Sie erhielten eine Blutübertragung; wenn ja, in welchem Jahr ?
  • Sie wurden operiert (auch Zahn-OP‘S)
  • Sie haben irgendwann eine
    Geschlechtskrankheit erlitten
  • Sie tragen Tattoos oder Piercings
  • Sie haben sich irgendwann mit einer Nadel (Kanüle) verletzt
  • Jemand in Ihrem Haushalt entwickelte eine Gelbsucht
  • Sie haben irgendwann Drogen
    gespritzt
  • Sie haben sich längere Zeit im Ausland aufgehalten; wenn ja, wo?

Gillessen A et al.: Prävalenz von Hepatitis B und Hepatitis C bei ambulanten Risikopatienten im Münsterland – eine case-finding-Studie. Präsentation DGVS 2012

Chronische Hepatitis B und C können über Jahre hinweg zu schweren Leberschäden wie Zirrhose und Leberkrebs führen. Heutige Therapien können die Hepatitis C ausheilen und die chronische Hepatitis B unter Kontrolle bringen, wodurch sich viele dieser Spätfolgen vermeiden lassen. Nur eine Minderheit der Betroffenen ahnt jedoch überhaupt etwas von ihrer Erkrankung, da die Leber kein Schmerzempfinden hat. Umso wichtiger ist es, Betroffene rechtzeitig zu entdecken. Das Robert-Koch-Institut geht derzeit davon aus, dass etwa 400.000 bis 500.000 Bundesbürger Antikörper gegen Hepatitis C haben, eine ähnliche Zahl sollen chronische Hepatitis-B-Träger sein. Dies entspräche in etwa 0,4% der Gesamtbevölkerung. Diese Zahlen stammen jedoch aus dem Jahr 1998. In einer Berliner Notaufnahme wurden vor einigen Jahren 7683 Patienten untersucht, von denen 194 (2,5%) HCV-Antikörper hatten, zwei Drittel davon hatten auch das Virus im Blut (HCV-RNA positiv). Hier wäre der Anteil also höher, allerdings ist Berlin natürlich eine Großstadt, in der auch eine größere Drogenszene besteht. Wie sieht es in ländlichen Gegenden aus?

Screening im Münsterland

Auf dem diesjährigen DGVS-Gastroenterologenkongress wurden hierzu Daten aus dem Münsterland vorgestellt: Dort lief zwischen 2008 und 2010 die „Aktion Lebergesundheit“ des Qualitätszirkels Hepatologie der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Interessierte Patienten konnten in Hausarztpraxen einen Fragebogen ausfüllen; es wurde eine kostenlose Überprüfung des Leberwerts GPT und ein Test auf Hepatitis B und C angeboten, sobald bei der Beantwortung auch nur ein einziger Verdachtsfaktor auftauchte, z.B. wenn Patienten entweder

  • mindestens ein Symptom angaben, welches zu einer Lebererkrankung passen könnte,
  • angaben, dass sie einen Risikofaktor für eine Infektion hatten (siehe Kasten) oder
  • bereits mit erhöhten Leberwerten auffällig geworden waren.

Auf die Aktion wurde auch in der örtlichen Presse sowie mit Plakaten in Wartezimmern aufmerksam gemacht.

Häufig hohe HCV-Antikörpertiter

Bei der Aktion kamen 707 Blutproben und Fragebögen aus 79 Arztpraxen im Münsterland zusammen. Die Daten wurden anonymisiert, sodass nur der Hausarzt wusste, um welche Personen es sich handelte. 29 von 701 Patienten (4,1%) hatten Antikörper gegen Hepatitis C, zehn von 698 Patienten (1,4%) hatten eine Hepatitis B. Bei drei dieser Betroffenen fielen sogar beide Tests positiv aus. Bei den 122 Patienten mit erhöhten Leberwerten wurde man natürlich noch häufiger fündig: 3% dieser Betroffenen hatten eine Hepatitis B und sage und schreibe 11% hatten Antikörper gegen Hepatitis C!

Die Autoren PD Dr. Anton Gillessen und Kollegen schließen daraus: Nicht nur in Großtstädten wie Berlin, sondern auch im ländlich geprägten Münsterland könnte es eine hohe Dunkelziffer unentdeckter Hepatitis-B- und -C-Infektionen geben. Mit Hilfe eines Fragebogens, der Symptome und Risikofaktoren abfragt, kann man solche Infektionen offenbar gezielter identifizieren.

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