Analyse zum Zusammenhang zwischen Adhärenz und SVR bei der pangenotypischen HCV Therapie mit Glecaprevir/Pibrentasvir

Washington DC, 24. Okt. 2017

SVR trotz unvollständiger Einnahme der Tabletten?

Hintergrund und Zielsetzung

Der Behandlungserfolg einer Hepatitis C Therapie schien bislang auch abhängig von der regelmäßigen Einnahme der Tabletten. Ob dies auch in der Ära der direkt antiviral wirksamen Substanzen (DAA) Gültigkeit hat, wurde in einer Analyse der klinischen Phase 2/3 Studien zu Glecaprevir/ Pibrentasvir ebenso untersucht wie die Faktoren, die mit einer schlechteren Adhärenz einhergehen.

Abbildung: SVR 12 (ITT and mITT)

Abbildung: SVR 12 (ITT and mITT)

Methodik

Die Daten von insgesamt 2091 Patienten mit antiviraler Therapie aus acht klinischen Studien wurden erfasst und ausgewertet. Festgestellt mittels des Durchzählens zurückgebrachter Tabletten bei jeder Visite, wurde Adhärenz als mindestens 80%ige Einnahme der Studienmedikation zu mindestens einem Zeitpunkt definiert. Der Zusammenhang zwischen Nicht-Adhärenz <80% und Therapieansprechen wurde in einer m Analyse untersucht.

Tabelle 1:

Tabelle 1:

Ergebnisse

Von den 2091 Patienten waren 1851 adhärent (88,5%), d. h. hatten mehr als 80% der Studienmedikation eingenommen. Die geringste Adhärenz zeigten Patienten mit Genotyp 3 (419/524, 80%), schwerer Niereninsuffizienz (GFR ≤29ml/ min) (83/104, 79,8%) und stabiler Opioidsubstitutionstherapie (115/147, 78,2%). Signifikante unabhängige Prädiktoren für Nicht-Adhärenz waren aktueller Alkoholkonsum (odds-ratio, OR 1,96), vormaliger Alkoholkonsum (OR 1,87), Genotyp 3 Infektion verglichen mit Genotyp 1 (OR 2,16) und schwere Niereninsuffizienz (OR 2,79). Adhärente Patienten hatten prozentual weniger (schwere) Nebenwirkungen als nicht-adhärente Patienten. Bei den SVR-Raten gab es weder signifikante Unterschiede in der ITT oder der modifizierten ITT Analyse (s. Abb.4). Selbst Patienten mit einer Adhärenz von nur 50% hatten eine mehr als 90%ige Chance für eine SVR.

Fazit

Im Großen und Ganzen war die Adhärenz in den klinischen Studien mit Glecaprevir / Pibrentasvir für 8, 12 und 16 Wochen hoch. Das virologische Ansprechen war unabhängig von der Adhärenz und von den Patientencharakteristika sehr gut, was die antivirale Potenz des Regimes unterstreicht.

PD Dr. med. Karsten WursthornPD Dr. med. Karsten Wursthorn
Lutherstrasse 12,
19053 Schwerin

Kommentar PD Dr. med. Karsten Wursthorn

Die Auswertung von Prof. Brown zum Einfluss der Adhärenz auf die SVR einerseits und von Faktoren, die die Adhärenz andererseits beeinflussen können kommt zu einem beruhigenden Ergebnis: es scheint (fast) egal, wie viele Glecaprevir / Pibrentasvir Pillen die Patienten schlucken, die Heilungsraten bleiben relativ unbeeinflusst (SVR >90% bei Adhärenz >50%). Dass auch die Adhärenz beeinflussende Faktoren wie regelmäßiger Alkoholkonsum, Genotyp 3 und eingeschränkte Nierenfunktion keinen Einfluss auf die SVR haben, unterstreicht die antivirale Potenz der neuesten DAA Kombinationstherapie. Dass eine stabile Opioidsubstition oder ein kürzlich zurückliegender Drogenkonsum kein negativer Prädiktor darstellt, konnte ebenfalls in früheren Studien mit Elbasvir / Grazoprevir oder in der aktuellen Auswertung zu GT3 sowie Genotypen 1-6 mit Glecaprevir / Pibrentasvir gezeigt werden (Flamm et al, #61 und Foster et al, #1182; Liver Meeting 2017). Aufgrund der Häufung von Genotyp 3 bei Patienten mit einem zurückliegenden Drogenabusus, gibt es sicherlich Überlappungen in diesen Subgruppen. Es ist zu erwarten, dass sich die robusten Ergebnisse auch in der Praxis und bei anderen DAA Regimen bestätigen. Letztlich erleichtern die hier vorgelegten Daten den Einsatz der antiviralen Behandlung, sollten aber nicht dazu verführen, die Compliance der Patienten außer Acht zu lassen.

PD Dr. med. Gerlinde TeuberPD Dr. med. Gerlinde Teuber
Fachärztin für Innere Medizin
und Gastroenterologie,
Schwerpunktpraxis Hepatologie,
Dreieichstraße 59,
60594 Frankfurt am Main

Kommentar PD Dr. med. Gerlinde Teuber

In der vorliegenden Studie wurde der Einfluss einer Therapieadhärenz auf das Ansprechen einer antiviralen Hepatitis C (HCV) Therapie mit Glecaprevir und Pibrentasvir (G/P) über 8-16 Wochen im Rahmen einer gepoolten Analyse der Zulassungsstudien Phase II und III (n=2091) untersucht. Bei dem Interferon- und Ribavirin freien Therapieregimen konnte eine hohe Adhärenzrate, definiert als Einnahme von mehr als 80% der geplanten Medikation, bei der überwiegenden Mehrheit der behandelten HCV-Patienten (88,8%) beobachtet werden. Eine Adhärenz <80% wurde in 19,7% der Patienten mit einer HCV-Genotyp 3 Infektion, in 20,2% der Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörungen und in 21,8% der Opiat-Substituierten beschrieben. In einer Subanalyse war erstaunlicherweise eine nur 50 prozentige Adhärenz mit einem 90 prozentigem Ansprechen assoziiert. Als prädiktive Parameter konnten Alkoholkonsum, Genotyp 3 Infektion und schwere Nierenfunktionsstörungen identifiziert werden. In der Gruppe der nicht-adhärenten Patienten wurden im Vergleich zur adhärenten Patientengruppe etwas häufiger Nebenwirkungen beobachtet (73% vs. 66%, schwere Nebenwirkungen 5 vs. 3%). Interessanterweise hatte die Therapieadhärenz in dieser großen Patientengruppe keinen Einfluss auf das Ansprechen auf eine antivirale HCV-Therapie mit G/P wenn die Adhärenz über 50% lag. Die Daten dieser großen integrierten Analyse zeigen klar, dass eine antivirale HCV-Therapie mit G/P auch gerade in Patientengruppen mit einer zu erwartenden niedrigeren Adhärenz (Opiat-Substituierte Patienten und Patienten mit früherem oder aktivem Alkoholkonsum) äußerst wirksam und sicher ist. Die zu erwartende etwas niedrigere Adhärenzrate in diesen Patientengruppen ist somit kein Argument, den Patienten eine entsprechende antivirale HCV-Therapie vorzuenthalten.

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