Interview mit Pd Dr. Johannes Vermehren, Frankfurt
Hepatitis C – Die neuen Medikamente
PD
Dr. Johannes Vermehren
Oberarzt
Medizinische Klinik 1
Universitätsklinikum Frankfurt
Es gibt seit kurzem zwei neue Medikamente gegen Hepatitis C. Was können diese neuen Medikamente, was die bisherigen nicht können?
Vermehren:
GP wirkt pangenotypisch und die
Behandlung kann bei allen Genotypen bei therapienaiven Patienten ohne
Zirrhose auf acht Wochen verkürzt werden. Zudem kann man GP auch bei
Patienten mit Niereninsuffizienz und
Dialyse einsetzen.
SVV wirkt auch pangenotypisch und ist das erste zugelassene Medikament zur Retherapie nach DAA-Versagen. Interessanterweise hat SVV in den USA und Europa eine andere Zulassung. In den USA ist es nur zur Retherapie zugelassen, in Europa dagegen auch zur Ersttherapie, obwohl in der Zulassungsstudie das Ziel der Nicht-Unterlegenheit verfehlt wurde. Die Ansprechraten nach 8 Wochen SVV waren insgesamt hoch, lediglich die Relaps-Rate bei GT1a war deutlich. Deshalb ist SVV für mich auch nicht Mittel der Wahl zur Ersttherapie, insbesondere bei Patienten mit GT3 und GT1a. Sollte es hier zum Versagen kommen, hätte ich mir die Möglichkeit der zugelassenen Rescue-Therapie verbaut.
GP enthält zwei Substanzen, SVV drei Substanzen. Was ist da besser?
Vermehren: Das spielt eigentlich nur bei der Retherapie eine Rolle. GP ist zwar in den USA auch bei vorbehandelten Patienten zugelassen, aber bei bestimmten Resistenzen wird es doch schwierig. Hier sind drei Substanzen, die an drei verschiedenen Wirkorten angreifen, sicherlich besser.
Gibt es noch Situationen, in denen man Ribavirin braucht?
Vermehren: Nein, auf Ribavirin kann man angesichts der neuen Therapieoptionen weitgehend verzichten. Nur bei GT3-DAA-Versagern würde ich im Einzelfall RBV noch einsetzen.
GP sind 3 Tabletten einmal täglich. Es gibt aber auch Regime mit einmal einer Tablette täglich. Ist das für Sie ein relevanter Unterschied?
Vermehren: Nein, wir reden hier von 8 und 12 Wochen Therapiedauer. Da spielt das für mich keine Rolle.
Mittlerweile gibt es ja für fast jeden Genotypen mehrere Therapieoptionen. Wie wählen Sie persönlich da aus?
Vermehren: Für die neuen Medikamente gibt es noch keine Empfehlung in den Leitlinien und noch keinen GBA-Beschluss. Es gilt somit der Zulassungstext und das Wirtschaftlichkeitsgebot. Bei gleichwertigen und gleich teuren Optionen kommt dann als zweitrangiges Argument die Therapiedauer.
Mit den derzeit verfügbaren DAA kann man nahezu alle Patienten heilen. Sind jetzt alle ihre Wünsche bezüglich antiviraler Hepatitis C-Therapie erfüllt?
Vermehren: (lacht) Eigentlich ja, aber man kann immer noch das Haar in der Suppe finden. Beide neuen Medikamente enthalten einen Proteasehemmer und sind bei dekompensierter Zirrhose kontraindiziert. Auf der anderer Seite sind das Patienten, bei denen andere Fragen beispielsweise nach der Transplantation im Vordergrund stehen.
Ein großes Ziel der Politik ist ja die Elimination der Hepatitis C – in Deutschland und in der Welt. Halten Sie das für realistisch?
Vermehren: Die Medikamente können nahezu alle Patienten heilen, das Problem ist nur, dass nicht alle Menschen mit Hepatitis C eine Behandlung bekommen. In den Industrienationen liegt es daran, dass viele Menschen nichts von ihrer Infektion wissen. Hier brauchen wir Screening-Programme. In Deutschland könnte man beispielsweise die GPT in den Gesundheits-Check ab 35 aufnehmen. In den Entwicklungsländern sieht es weniger gut aus. Hier fehlt es nicht nur an Diagnostik, hier fehlt auch der Zugang zur Behandlung. Dennoch und vielleicht gerade deshalb halte ich es für gut, ein solches Ziel zu formulieren und danach zu streben. Nur so können wir die Situation verbessern.
Dazu könnte auch ein günstigerer Preis der HCV-Medikamente beitragen...
Vermehren: Das ist richtig und der Trend ist hier sehr erfreulich. Konkurrenz belebt das Geschäft und lässt die Preise sinken. Dieses Grundprinzip der Wirtschaft hat sich jetzt bei den HCV-Medikamenten wieder bestätigt. Und alles deutet auch darauf hin, dass die Preisentwicklung hoffentlich weiter nach unten geht.