HEPATOLOGISCHER WORKSHOP DES BNG
Hepatitis C - Optimierte Behandlung eröffnet neue Chancen

Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V.

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Wie werden Patienten mit Hepatitis C jetzt und in Zukunft optimal behandelt? Dies war ein zentrales Thema auf dem hepatologischen Workshop des bng, der am 16./17. März in Iserlohn, der unter Leitung von Dr. Dietrich Hüppe, Dr. Stefan Mauss und Dr. K-G. Simon, niedergelassene Gastroenterologen in Herne, Düsseldorf und Leverkusen stattfand. Ein spannendes Thema, denn Patienten mit chronischer Hepatitis C werden künftig noch stärker von optimierten Therapiestrategien profitieren als dies die heutigen Leitlinien gestatten. Die Viruskinetik ist dabei der bedeutsamste Steuerungsparameter.

bng-Studie zur Therapie der Hepatitis C im klinischen Alltag


Abb. 1: Rapid Virological Resonse (RVR). 122/330 Patienten (37%) erreichten nach vier Wochen eine RVR. Bei Genotyp 2/3 waren es 85/133 (63,9%), bei Genotyp 1/4/5/6 waren es 37/197 (18,8%).


Abb. 2: Sustained Virological Response (SVR). Eine SVR erreichten insgesamt 205/330 Pati- enten (62,1%). Bei Genotyp 2/3 waren es 104/330 (78,2%), bei Genotyp 1/4/5/6 waren es 101/197 (51,3%).

"Prinzipiell unterscheidet man drei unterschiedliche Respondertypen auf die antivirale Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon-alfa (peg-INF) und Ribavirin", erläuterte Privatdozent Dr. Christoph Sarrazin aus Frankfurt/Main beim bng-Workshop in Iserlohn. Prognostisch besonders günstig bei dem in Deutschland mit über 60 Prozent häufigsten HCV-Genotyp 1 sei ein schnelles Ansprechen, die "rapid response" (RVR), bei der die HCV-Viruslast schon zu Woche vier unter die Nachweisgrenze von 10 IU/ml gefallen ist. Dies prädestiniert in Kombination mit einer Ausgangsviruslast unter 800.000 IU/ml für eine verkürzte Kombinationstherapie von 24 Wochen statt wie bisher 48 Wochen. Mit dem inzwischen hierfür zugelassenen Peginterferon alfa-2a (Pegasys®) in Kombination mit Ribavirin (Copegus®) konnten bei Genotyp-1-Patienten beeindruckende Heilungsraten von 93 Prozent erzielt werden. Bei der Mehrzahl der Patienten mit einer "normal response", also einem Abfall der Viruslast unter die Nachweisgrenze zu Woche zwölf, bleibt es dagegen bei der bisherigen Therapiedauer von 48 Wochen. Verläuft die Viruskinetik noch langsamer, liegt also nach Woche zwölf trotz eines Abfalls um mindestens zwei log10-Stufen noch eine messbare Virämie vor, die erst zu Woche 24 vollständig verschwindet, ("slow responder") verspricht eine auf 72 Wochen verlängerte Therapie den größten Erfolg. Definitive Abbruchkriterien sind für Sarrazin in jedem Fall ein Verfehlen des Abfalls um zwei log10-Stufen nach Woche zwölf sowie der Virusnegativität nach Woche 24. (Abb. 1 und 2).

OBLIGAT: SENSITIVER ASSAY

Unerläßlich zur Therapiesteuerung ist ein reproduzierbarer und sensitiver HCV-Test. "Je sensitiver der Assay, desto weniger Relapse haben Sie später", betonte Sarrazin. Die besten heute verfügbaren Nachweisverfahren, z.B. der TaqMan®, basieren auf der real time-PCR und weisen HCV-RNA bis zu einer Untergrenze von etwa zehn Kopien pro Milliliter nach. Das dies reale Vorteile bietet, belegt eine Studie, in der bei 30 Prozent aller Proben, die nach Woche vier mit einem herkömmlichen Amplicor-Test (Nachweisgrenze 50 IU/ml) negativ waren, mit dem empfindlicheren TaqMan® doch noch Virus-RNA gefunden wurde.

NEUE HOFFNUNG FÜR NONRESPONDER UND RELAPSER

Die früher übliche Therapie mit herkömmlichem Interferon plus Ribavirin ließ bei einem Mißerfolg viele Relapser und Nonresponder zurück. Hier lohnt es nach Ansicht von Sarrazin, diese Vortherapie auf Schwachstellen wie Therapiepausen und -unterbrechungen sowie zu kurze Therapiezeiten zu untersuchen. Sogar bei erfolgloser Vortherapie mit pegyliertem Interferon alfa-2b könnte die erneute Kombi-Behandlung mit Peginterferon alfa-2a noch von Nutzen sein, vor allem dann, wenn sie zunächst über zwölf Wochen als Induktionsdosis (360 µg/Woche) gegeben wird. Hierauf deuten zumindest die Zwischenergebnisse der REPEAT-Studie nach diesem Zeitraum. Hoffnungen für Nonresponder setzen Hepatologen auch in Strategien, bei denen die Therapie mit Peginterferon alfa-2a durch initiale Aufsättigung von Ribavirin (RIKIN-Studie) oder durch Vorbehandlung und Mitbehandlung mit dem antiinflammatorischen Lipidsenker Bezafibrat (BOAT-Studie) ergänzt wird.

STAT-C-SUBSTANZEN (ABB. 3)


Abb. 3: STAT-C-Substanzen in der Entwicklung: NS3/4A Proteasehemmer

Bescheidene Erwartungen setzt der Frankfurter Wissenschaftler in eine verbesserte Standardtherapie - sei es durch an Albumin gekoppeltes Interferon (Albuferon) mit verlängerter Halbwertzeit oder durch die Ribavirinvorstufe Viramidin. Dagegen sind die Erwartungen an die neuen, direkt antiviralen Substanzen (specifically targeted antiviral therapy against hepatitis C, STAT-C) weitaus höher, insbesondere in Kombination mit einer Standardtherapie. Zu den STAT-C-Substanzen zählen sowohl Hemmstoffe der HCV-Polymerase wie Valopicitabin, HCV-796 oder das vom Unternehmen Roche entwickelte R1626, die zumindest in Phase-I-Studien die Viruslast deutlich senkten, als auch die HCV-Proteasehemmer wie SCH503043 oder VX950. Letztere reduzierten bei unbehandelten Patienten wie Nonrespondern die Viruslast binnen Tagen um mehrere log10-Stufen. Die unter allen STAT-C-Substanzen rasch auftretende Resistenzentwicklung verhindert jedoch vermutlich ihren alleinigen Einsatz und ist nach Meinung von Sarrazin "wahrscheinlich auch in der Kombinationstherapie limitierend".

DIFFERENTIALTHERAPIE BEI GENOTYPEN 2 UND 3

Erstmals deutsche epidemiologische Daten

Zur Epidemiologie und Behandlungsrealität der chronischen Hepatitis C in Deutschland liegen jetzt erstmals konkrete repräsentative Daten vor, teilte Dr. Dietrich Hüppe aus Herne, Mitglied des bng-Bundesvorstands, mit. Grundlage ist die vom bng gemeinsam mit dem Unternehmen Roche seit März 2003 durchgeführte Internet-gestützte anonymisierte Datenerfassung bei über 16.000 Patienten (online-AWB). Mit insgesamt etwa drei Prozent aller deutschen CHC-Patienten stellt die Untersuchung zudem die weltweit größte repräsentative Datenbasis bei dieser Erkrankung dar.

Die Prävalenz der Hepatitis C zeigt dabei deutliche regionale Unterschiede mit starkem Nord-Süd- und West-Ost-Gefälle. Betroffen sind vor allem die Ballungsräume wie Ruhr- und Rhein-Main-Gebiet sowie Berlin. Drei von fünf Patienten mit chronischer Hepatitis C sind nicht erwerbstätig. Identifizierbare Hauptquelle der Infektion ist intravenöser Drogenkonsum. Das mittlere Alter der zu 60% männlichen Patienten liegt bei 43 Jahren. Signifikante Unterschiede in der Altersverteilung finden sich signifikant hinsichtlich der Genotypen (GT 1, 4, 5 und 6 Altersmedian 45 Jahre, GT 2 und 3 Altersmedian 38 Jahre) als auch hinsichtlich der Infektionsquelle. So sind Konsumenten intravenöser Drogen im Mittel etwa 37 Jahre alt, Empfänger kontaminierter Blutprodukte dagegen zwischen 45 (Genotyp 2/3) und 52 Jahren (Genotyp 1). Eine erhöhte GPT und unspezifische Mattigkeit waren die diagnostisch bedeutsamsten Symptome. Sonografisch finden sich nur zu 37% Zeichen chronischer Lebererkrankung und zu 5,4% einer Leberzirrhose.

Die aus Studien bekannte Wirksamkeit der Kombinationstherapie aus Peginterferon alfa-2a und Ribavirin wird auch in der Praxis erreicht: Patienten mit Genotyp 1,4,5 und 6 hatten zu 47,5% eine langanhaltende Virussuppression (SVR), solche mit Genotyp 2 und 3 sogar zu 76%. Lag sonografisch bereits eine Leberzirrhose vor, betrug die SVR-Rate 37,3%.


Weitere hepatologische Workshops des bng in 2007

29.06.-30.06.2007 Heidelberg (Leitung: Prof. Dr. med. Birgit Kallinowski)

16.11.-17.11.2007 Berlin (Leitung: Prof. Dr. med. Klaus Böker)

Informationen, Programme und Anmeldung unter: www.gastromed-bng.de

Bei den HCV-Genotypen 2 und 3 gilt eine 24-wöchige Behandlung mit Peginterferon plus niedrigdosiertem Ribavirin (800 mg/Tag) derzeit noch als Standard. Damit sind allerdings "rasche Responder" möglicherweise übertherapiert und "langsame Responder" untertherapiert, gab Dr. Karl-Georg Simon aus Leverkusen zu bedenken. Deshalb plädiert Simon auch bei diesen Genotypen für eine stärkere Ausrichtung der Therapie an der Viruskinetik - zumindest bei nicht-zirrhotischen Patienten. Selbst Kurzzeitbehandlungen über 18 bis hinunter zu zwölf Wochen sind nach einer Fülle neuer Daten bei rascher virologischer Response (RVR) mit Heilungsraten von über 80% noch überaus erfolgreich.

Umgekehrt beeinflussen die Faktoren männliches Geschlecht, ein Alter über 55 Jahre, hohe initiale Viruslast sowie fortgeschrittene Steatose (>32%) und/oder Fib-rose/Zirrhose (Metavir-Stadium 4) den Therapieerfolg bei Genotyp 2/3 ungünstig. Steigern lassen sich die Heilungsraten bei diesen Genotypen nach Daten der WINR- und der ACCELERATE-Studien beispielsweise durch die gewichtsadaptierte Dosierung von Ribavirin. In ACCELERATE wurde errechnet, dass eine Ribavirindosis von 11,5 mg statt 8,4 mg pro kg Körpergewicht bei gleicher Therapiedauer die Heilungsraten bei Genotyp-2/3-Patienten von 42% auf 77% (16 Wochen Therapie) bzw. von 67% auf 87% (24 Wochen) verbesserte.

Ein rasches Ansprechen (RVR) wird bei beiden Genotypen häufiger bei Patienten niedriger initialer Viruslast (unter 400.000 IU/ml) beobachtet. Beim Genotyp 3 steigt überdies mit der Viruslast auch das Ausmaß der Steatose, was wiederum die Heilungschance senkt. "So kurz wie möglich und stets mit gewichtsadaptierter Ribavirindosis" lautet daher Simons Vorschlag für einen aktuellen Therapiealgorithmus bei Genotyp 2/3. Peginterferon alfa-2a 180 µg/Woche wird beispielsweise mit Ribavirin 11 mg pro kg Körpergewicht täglich eingesetzt. Bei Virusnegativität zu Woche vier sei damit, außer bei Leberzirrhose, eine Therapie über 16 Wochen ausreichend. Liegt die HCV-RNA erst zu Woche zwölf unter der Nachweisgrenze, sollte wie bisher 24 Wochen behandelt werden. Sinkt dagegen die Virusmenge erst zu Woche zwölf unter einen Wert von höchstens 10.000 IU/ml, würde Simon über 48 Wochen therapieren, andernfalls die Therapie jedoch abbrechen.

COMPLIANCE VERBESSERUNG

Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie ist eine gute Compliance. Hier gilt die 80/80/80-Regel: Nur wenn mindestens 80 Prozent der Interferon- und 80 Prozent der Ribavirindosis über 80 Prozent der gesamten Therapiedauer appliziert wurden, kann mit maximalen Heilungsraten gerechnet werden. Sehr hilfreich sind nach Simons Erfahrung regelmäßige Kontroll- und Gesprächstermine im vier-Wochen-Rhythmus ebenso wie die Rückmeldung von virologischen Teilzielen an die Patienten. Das kann selbst bei ungünstiger Disposition wie etwa bei Methadon-substituierten Patienten die Therapieabbruchraten deutlich reduzieren. Ärztlicherseits gelten die Therapie in hepatologischen Schwerpunktpraxen sowie die Teilnahme an hepatologischen Qualitätszirkeln als Compliance-fördernd.

Dr. Stefan Mauss
Center for HIV and Hepatogastroenterology
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