Bei Hepatitis C extrahepatische Manifestationen im Blick behalten
10. März 2023
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Bei der Bekämpfung von Hepatitis C hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein klares Ziel vor Augen: Bis zum Jahr 2030 soll die Infektionskrankheit eliminiert sein.4 Chronische# Infektionen mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) sind eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und werden für viele vermeidbare Todesfälle verantwortlich gemacht.1,5 Dahinter verbergen sich nicht „nur“ Leberzirrhose und Leberzellkrebs, sondern auch ein erhöhtes Mortalitätsrisiko durch extrahepatische Manifestationen.1
Oft lassen sich die Symptome einer HCV-Infektion nicht klar zuordnen
Aktuell leben in Deutschland geschätzt 189.000 Menschen mit einer Hepatitis-C-Erkrankung.5 Experten gehen jedoch davon aus, dass die Dunkelziffer bei den HCV-Infektionen hoch ist und die Diagnoserate bislang nur bei 37 % liegt.6 Um das WHO-Eliminationsziel zu erreichen, müssen mehr Betroffene identifiziert und einer Therapie zugeführt werden. Allerdings kann das Symptombild einer HCV-Infektion sehr variabel sein, und in 75 % der Fälle läuft die Infektion unbemerkt ab.7 Hinweise können unspezifische Müdigkeit, psychische Veränderungen, Lustlosigkeit, Depression, Konzentrationsstörungen sowie gastrointestinale Beschwerden mit Völlegefühl oder Übelkeit sein. Nur selten werden diese Symptome mit einer HCV-Infektion in Verbindung gebracht.7
Untersuchungen zeigen, dass etwa 50 bis 85 % der HCV-Infektionen chronisch verlaufen – mit entsprechenden Folgen, auch auf die Lebensqualität.7 Oftmals werden Depressionen, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, bipolare Störungen oder kognitive Beeinträchtigungen berichtet7 – unter Umständen ohne dass die Betroffenen von ihrer HCV-Infektion wissen. Manche der Spätfolgen einer chronischen Infektion sind lebensbedrohlich.2,7
Extrahepatische Manifestationen erhöhen die Krankheitslast
Die Folgen einer chronischen HCV-Infektion betreffen nicht nur die Leber. Die systemische Inflammation bei Hepatitis C lässt z. B. auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen oder einen Diabetes mellitus ansteigen.2,3,8,9 Daneben werden zahlreiche weitere Manifestationen wie neuropsychiatrische Störungen, Augenerkrankungen, Schilddrüsendysfunktion, hämatologische Erkrankungen/Malignitäten, Lungenfibrose, Kryoglobulinämie, Nierenfunktionsstörungen, Hauterkrankungen, reduzierte Fruchtbarkeit, muskuloskelettale und Bindegewebsstörungen sowie periphere Neuropathien beobachtet.2,3 Studienergebnisse bestätigen, dass für die erhöhte Sterblichkeit bei Hepatitis C neben den Leberkomplikationen ebenfalls die extrahepatischen Manifestationen der Infektion verantwortlich sind.1
Ausweitung des HCV-Screenings: Risiko- und Nicht-Risikogruppen
Die DGVS-S3-Leitlinie zur Hepatitis C empfiehlt ein HCV-Screening bei allen relevanten Risikogruppen, einschließlich Patient*innen mit explizitem Wunsch nach einer entsprechenden Untersuchung.10 Um auch Betroffene aus Nicht-Risikogruppen zu identifizieren und möglichst frühzeitig zu behandeln, wurde in Deutschland im Oktober 2021 die allgemeine Gesundheitsuntersuchung (GU, Check-up 35) um das Screening auf eine HCV- und/oder Hepatitis-B-Virus (HBV)-Infektion erweitert.11 Das Screening wird bei Versicherten ab 35 Jahre als Regelleistung von den Krankenkassen übernommen.11
Die Testung ist einfach: Es wird eine Serumprobe auf Antikörper gegen HCV und HBV-Oberflächenantigen (HBsAg) geprüft. Ist der Befund positiv, erfolgt die Bestätigungsdiagnostik aus der gleichen Probe mittels PCR-Untersuchung auf HCV-RNA bzw. HBV-DNA (PCR: polymerase chain reaction).11 Damit lassen sich bestehende (replikative) von ausgeheilten Infektionen unterscheiden.
Frühe Behandlung senkt auch das extrahepatische Risiko
Entscheidend für die Elimination von Hepatitis C ist, dass positiv Getestete möglichst rasch an spezialisierte Ärzt*innen überwiesen werden, um eine adäquate Therapie zu erhalten.10 Eine Heilung§ ist heutzutage bei nahezu allen Menschen schnell, d. h. innerhalb von 8-12 Wochen, und gut verträglich durch den Einsatz direkt antiviral wirksamer Substanzen (direct-acting antivirals, DAAs) möglich.10 Aufwändige Voruntersuchungen sind in der Regel nicht notwendig, benötigt werden lediglich allgemeine Laborwerte zur Nieren- und Leberfunktion, ein Blutbild sowie Kenntnis über stattgefundene Vortherapien.10
Immer mehr Studien liefern Hinweise, dass die Behandlung mit DAAs und eine daraus resultierende anhaltende Viruseradikation (SVR, Sustained Virologic Response) nicht nur die hepatischen Ergebnisse verbessert. Auch die Symptome und die Mortalität im Zusammenhang mit extrahepatischen Manifestationen lassen sich durch eine SVR reduzieren.8,9
# Eine Hepatitis C gilt als chronisch, wenn klinisch und laborchemisch keine akute (ikterische) Hepatitis und anamnestisch und laborchemisch kein Risiko für eine Übertragung des Virus bzw. keine Evidenz für eine Serokonversion in den letzten 6 Monaten vorliegt. In diesen Fällen kann eine antivirale Therapie umgehend begonnen werden.7
§ Als von einer chronischen Hepatitis C geheilt gelten Patient*innen, die 12 Wochen nach Behandlungsende ein anhaltendes virologisches Ansprechen (sustained virologic response, SVR12) aufweisen.
Literatur:
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Cacoub P et al. Dig Liver Dis 2014; 46(Suppl 5):S165-S173.
Karampatou A et al. J Hepatol 2018; 68(1):33-41.
World Health Organization (WHO). Global Hepatitis Report, 2017; https://www.who.int/publications/i/item/9789241565455 [letzter Zugriff: 01.03.2023].
Polaris Observatory HCV Collaborators. Lancet Gastroenterol Hepatol 2022; 7(5):396-415.
CDA Foundation. Country/Territory Dashboard [Germany]; https://cdafound.org/polaris-countries-dashboard/ [letzter Zugriff: 01.03.2023].
Meyer E et al. Epid Bull 2021; 28:3-19.
Songtanin B et al. Biology (Basel) 2022; 12(1):23.
Mazzaro C et al. Viruses 2021; 13(11):2249.
Sarrazin C et al. Z Gastroenterol 2020; 58(11):1107-1131.
Mitteilung Kassenärztliche Bundesvereinigung: Praxisnachrichten vom 12.08.2021; https://www.kbv.de/html/1150_53707.php [letzter Zugriff: 01.03.2023].
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